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Religiöse
Begeisterung.
erkennen.
Auch
wurde
er
nicht
SO
bestimmt
und
klar
ausgesprochen, und daher auch nicht näher geprüft; aber
er lag, wie eine unabänderliche Nothwendigkeit, Allem
zum Grunde , und wurde, wenn auch mit WViderslreben,
angewandt. Und gewiss war es , wenn auch in unvoll-
kommener Form, ein begeisternder Gedanke, der zu küh-
ner That und unbedingter Entsagung anspornen musste.
Und sofort schien dieser Gedanke in Ausführung
überzugehen. Denn Während (lerselben Verwirrung, die
jene religiöse Begeisterung erzeugte, hatte sich bereits
unbemerkt eine neue, dem Christenthum mehr zusagende
Form des Staates gebildet, der Lehnsstaat. Ver-
gleichen wir ihn mit andern Staatsformexi, so erscheint
er höchst ungewöhnlich und künstlich. Die compacte
Natureinheit der Völker verschwindet und an ihre Stelle
tritt eine Masse persönlicher Verhältnisse; die Zufällig-
keit der Verträge ersetzt die innere Nothwendigkeit, und
der Staat stellt sich als ein luftiges Gerüst (lar, das von
der grösseren Zahl der niedern Vasallen aufsteigend,
durch schmalere Mittelstufen sich bis zu einer einheit-
lichen Spitze erhebt. Allein in der That entsprach diese
Form den Verhältnissen und würde, wenn sie Erfindung
wäre, ein Werk höchster WVeisheit genannt werden kön-
nen. Denn sie verschmolz die Elemente der bisherigen
Verfassungen, so dass sie gegenseitig einander milderten
und gab dem Ganzen ein christliches Gepräge. Zum
Grunde liegt ein deutscher Begriff, der Begriff der gegen-
seitigen Treue, wie sie schon in den Gefolgschaften
der Völkerwanderung die junge Mannschaft mit ihrem
Führer verband. Diese Treue ist aber nun an Grund
und Boden geknüpft, nicht mehr vorübergehend und wan-
delbar, sondern bleibend und erblich; sie gehört einem