Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

206 
Der 
romanische 
Styl. 
ergriffen und glauben den Rhythmus feierlicher Hymnen 
zu hören. S0 wenigstens ist es bei den schönsten Bau- 
werken dieses Styls, die freilich nicht in grosser Zahl 
vorhanden sind, während in den meisten oder doch in 
sehr vielen Fällen die Ausführung hinter dem Gedanken 
zurück bleibt. Bald sind die Räume schwach beleuchtet 
und schauerlich, bald weit und hell, aber nicht genügend 
belebt; dort wirkt eine Ueberfülle schwerer Detailformen 
erdrückend, hier finden sich leere, ermüdende Flächen. 
Die bedeutsamen Formen, das Würfelkapitäl, die schlich- 
ten Cylinder der Halbsäulen, die weithin gespannten Ge- 
wölbe geben nicht immer bioss den Eindruck der Feier- 
lichkeit, sondern oft auch den eines mühsamen, schwer- 
fälligen Treibens. Wir hören nicht immer den Festschritt 
der Kirche und den leisen Tritt des Andächtigen, son- 
dern oft auch dcn schleppenden Gang des Mönchs im 
langen härneix Kleide oder des Ritters unter der Wucht 
des Panzers. Wir erkennen in der Pracht des Schmuckes 
nicht immer die reine Stimmung des Lobgesanges, son- 
dern oft bald die wüste Gedankenverwirrilng des Schwär- 
mers, bald die ungeschickten Scherze eines rohen Schü- 
lers in seiner Freistunde. Der Geist scheint unter der 
Last der grossen Verhältnisse zu ermatten und sich da- 
für gelegentlich durch übermüthige Ausbrüche zu erholen. 
Diese Mängel finden sich nicht bloss in einzelnen, 
misslungenen Werken, sondern in der Mehrzahl, sie lie- 
gen offenbar nicht im Gedanken des Styls, aber sie hän- 
gen so innig mit dem Geiste der Zeit zusammen, dass 
sie sehwer zu vermeiden waren. Daher erscheinen sie 
auch, wenn man sich auf diesen einlässt, in milderem 
Lichte Jene leeren, unbelebten Wände geben einen 
Ausdruck der Bescheidenheit und Einfalt, welche sich
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.