164
Der
romanische
Styl.
ausladend und höher gebildet; der Schaft behielt eben-
falls noch ungefähr das Höhenverhältniss der römischen
Säule, er wurde nur stä rker verjüngt, und blieb ohne
Schwellung. Bei dem Kapitäl dagegen bildete sich eine
ganz neue Form, das Würfelkapitäl. Von den anti-
ken Kapitälen waren das dorische und ionische hier ganz
unpassend; sie beziehen sich allzudeutlich auf den graden
Architrav; auch waren sie diesseits der Alpen fast ganz
unbekannt. Das korinthische, das einzige aus spät römi
scher Zeit überlieferte, entsprach aber dem jetzigen
Zwecke wenig. Seine ausladenden Theile waren zu zart
für den Ausdruck concentrirtei- Widerstandskraft; die
Curve des Kelchs stand zu der Kreislinie des Bogens
in einem ungünstigen, schwankenden Verhältnisse, indem
sie ihr ähnlich und doch nicht gleich war, sie disharmo-
nirte wie die Secunde in der Musik. In der byzantini-
schen Architektur hatte sich zwar ein neues Kapitäl ge-
bildet, das einem unregelmässigen Würfel oder einer ab-
gestumpften und umgekehrten Pyramide glich, indem
auf der kreisförmigen Oberfläche des Säulenstamrnes ein
Quadrat auilag, das nun nach allen vier Seiten in schrä-
ger Richtung, gradlinig sich erweiternd aufstieg. Allein
ungeachtet der feinen, künstlichen Filigranarbeit, welche
die byzantinische Kleinmeisterei an diesen Seitenflächen
anbrachte, war dies doch nur eine sehr rohe, unorgani-
sehe Form. Auch finden wir nicht, dass sie diesseits
der Alpen irgendwo nachgeahmt wurde Hier bildete
Sieh dagegen eine andre, viel schönere Kapitälform. Sie
bestand aus einem wirklichen Würfel mit rechtwinkligen,
Selbst nicht im Aachener Münster, ungeachtet der Meister
S. Vitale in Ravenna kannte und benutzte. In S. Marco von Vene-
dig findet sich dagegen dies byzantinische Würfelkapitäl.