Chor
und
Krypta.
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ln unsern nordischen Ländern dagegen wurde es bei allen
gTösserexl Kirchen zur Regel , den Chor um eine Reihe
von Stufen über den Boden des Schiffes zu erheben und
darunter geräumige Hallen zu erbauen, welche die Reli-
quien der Heiligen und oft auch die Grabstätten der Bi-
schöfe, Aebte und fürstlicher Personen enthielten und
welche mit ihrer schwachen Beleuchtung und ihrer ge-
drückten Wölbung für die Todtenfeiern und ähnliche
ernste Feste sich vorzugsweise eigneten. Diese Anord-
nung konnte leicht symbolisch gedeutet werden; die
Gemeinde beiindet sich auf dem ebenen Boden der Welt,
wo Gute und Böse ungetrennt beisammenstehen, aber jen-
seits desselben öffnet sich ein Weg aufwärts zum Le-
ben und einer abwärts zum Tode, jener helistrahlend, das
Augenmerk Aller, dieser in schauerlicher Dunkelheit ver-
borgen. Wenn man sich dieses Gedankens, da wir ihn ziicht
ausgesprochen Iinden, nicht bewusst wurde, so sagte doch
der Contrast von Licht und Dunkel dern Geiste der Zeit
zu. Die Erhöhung des Chores, der hellere Schein, Welcher
auf ihn im Gegensatz gegen das tiefere Kirchenschiff iiel,
gewöhnte aber auch das Auge an belebtere Formen, an
eine malerische Verbindung verschiedenartiger Räume,
an den Gedanken, die Kirche als ein reich zusammenge-
setztes System zu behandehi. In Betreff der Ausdehnung
des Chors und der Krypta blieb man sich nicht ganz
gleich. Zuweilen erstreckte sich diese noch unter dem
ganzen Kreuzschiife hin, welches dann nothwendig die Er-
höhung des Chors theilte. Häufiger finden wir dagegen,
dass die Chorerhöhung zwar in das lärellzsßhiff hinein-
tritt, jedoch nur den mittleren Raum desselben einnimmt,
S0 dass dann die Seitenarme als niedrigere Nebenräume
oder Zugänge erscheinen, welche durch kleine, gewöhnlich
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