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Das
gemeinsame
IdeaL
von der zweiten , sondern schon von der niedrigsten
Stufe des Ilöhenmaasses aufsteigen; durch jenes würde
nur eine einfache, pyramidale Abstufung hervorgebracht,
durch dieses entsteht ein lebendiger Rhythmus, eine ab-
wechselnde Steigerung. Nachdem zuerst die Seiten-
schiHe ihre Höhe erreicht haben, dann vom MittelsehiiTe
überboten sind , kommt nun wieder die Reihe des Auf-
steigens an sie, was sie im engen Raume, also mit cou-
centrirter Kraft, bewirken. Zwar wurde hierdurch eine
Verdoppelung des Thurmes nöthig, aber die beiden
'l'hürme standen durch ihre symmetrischen Abtheiluxigen
in innerer, durch den Giebel des lilittelschiffes in äus-
serer Verbindung. Sie bildeten (ladurch ein Ganzes; die
Phantasie konnte ihre schrägen Aussenlinien iiber die
Höhe der wirklichen Spitzen hinaus bis zu ihrem Berüh-
rungspunkte verlängert denken, die Andeutung einer
solchen luftigen Pyramide wenigstens dunkel emplinden.
Auch darf man nicht vergessen, dass sie in ihrer jetzi-
gen schlanken Gestalt nur halb so breit waren, wie der
eine, vorn oder im Centralquarlratc, auf dem Mittelschiife
angebrachte 'l'hurn1, und gemeinschaftlich diesen-reprä-
sentirten. Es war eine Einheit, wie sie dem Mittelalter
überall vorselnvebte, eine geistige, in den Himmel ver-
legte, welche der irdischen Zweiheit ideell zum Grunde
lag und sie versöhnte.
Ueberblickt man diese ganze, beiden Stylen genlein-
same Anlage, so kann man nicht verkennen, dass sie in
einer ohne Zweifel unbewussten Symbolik die Gestalt
des christlich abendländischen Gemeinwesens repräsen-
tirt. Sie zeigt die freie Verbindung einzelner selbststän-
diger Massen, welche von verschiedenen Richtungen aus-
gehend, aber von einem Gesetze durchbildet, sich dem