Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

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Das 
gemeinsame 
IdeaL 
von der zweiten , sondern schon von der niedrigsten 
Stufe des Ilöhenmaasses aufsteigen; durch jenes würde 
nur eine einfache, pyramidale Abstufung hervorgebracht, 
durch dieses entsteht ein lebendiger Rhythmus, eine ab- 
wechselnde Steigerung. Nachdem zuerst die Seiten- 
schiHe ihre Höhe erreicht haben, dann vom MittelsehiiTe 
überboten sind , kommt nun wieder die Reihe des Auf- 
steigens an sie, was sie im engen Raume, also mit cou- 
centrirter Kraft, bewirken. Zwar wurde hierdurch eine 
Verdoppelung des Thurmes nöthig, aber die beiden 
'l'hürme standen durch ihre symmetrischen Abtheiluxigen 
in innerer, durch den Giebel des lilittelschiffes in äus- 
serer Verbindung. Sie bildeten (ladurch ein Ganzes; die 
Phantasie konnte ihre schrägen Aussenlinien iiber die 
Höhe der wirklichen Spitzen hinaus bis zu ihrem Berüh- 
rungspunkte verlängert denken, die Andeutung einer 
solchen luftigen Pyramide wenigstens dunkel emplinden. 
Auch darf man nicht vergessen, dass sie in ihrer jetzi- 
gen schlanken Gestalt nur halb so breit waren, wie der 
eine, vorn oder im Centralquarlratc, auf dem Mittelschiife 
angebrachte 'l'hurn1, und gemeinschaftlich diesen-reprä- 
sentirten. Es war eine Einheit, wie sie dem Mittelalter 
überall vorselnvebte, eine geistige, in den Himmel ver- 
legte, welche der irdischen Zweiheit ideell zum Grunde 
lag und sie versöhnte. 
Ueberblickt man diese ganze, beiden Stylen genlein- 
same Anlage, so kann man nicht verkennen, dass sie in 
einer ohne Zweifel unbewussten Symbolik die Gestalt 
des christlich abendländischen Gemeinwesens repräsen- 
tirt. Sie zeigt die freie Verbindung einzelner selbststän- 
diger Massen, welche von verschiedenen Richtungen aus- 
gehend, aber von einem Gesetze durchbildet, sich dem
	        
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