Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Das eigentliche Mittelalter (Bd. 4 = [2], Bd. 2, Abth. 1)

Historische 
Gliederung. 
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Daher wandten sich dieser Kunst, so wenig die Jahr- 
bücher davon melden, die edelsten Kräfte zu und mach- 
ten sie allmählig zur grössten Erscheinung ihres Zeitalters 
und zu einer der bedeutendsten der Kunstgeschichte, 
wenn nicht der Geschichte überhaupt. 
Diese Bedeutsamkeit zeigt sich auch schon in ihrer 
historischen Gliederung; während die Baukunst der mei- 
sten Völker ein kurzes, zwischen dem Werden und dem 
Verfall einförmig hiniliessendes Dasein hat, entwickelt 
sich die des Mittelalters, wie einst die griechische, zu 
einem reifen Leben mit verschiedenen Gattungen und 
Stylen von eigenthümlichem Charakter. Schon hier aber 
zeigt sich ein charakteristischer Unterschied zwischen 
diesen beiden hervorragenden Perioden der Kunst. Bei 
beiden kreuzen sich zwar das geographische und 
das chronologische Element, aber hier ist dieses, 
dort jenes vorherrschend. In der griechischen Kunst reprä- 
sentiren die Baustyle zunächst die Verschiedenheit der 
Volksstämme und ihrer Wohnsitze, in der des Mittelalters 
zunächst die Entwickelungsstufen. Zwar ist auch in der 
griechischen Architektur das Chronologische nicht zu 
übersehen; eine dunkle Vorzeit ging dem dorischen und 
ionischen Style voraus, und der korinthische blühete erst, 
als der dorische seine schönste Epoche hinter sich hatte. 
Allein dieser chronologische Unterschied ist unbedeutend 
und verschwindet, weil alle drei Style sich später in 
gleichzeitiger Geltung erhielten; sie erscheinen wie Brü- 
der derselben Familie. Dagegen ist im Mittelalter, ob- 
gleich die geographische Basis so sehr viel breiter war, 
und nicht bloss, wie dort, einzelne Stämme derselben 
Sprache unter gleichem Himmelsstriche, sondern ganze 
durch Stammesmischung und klimatische Verhältnisse
	        
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