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Die
Encyklopädie.
welchen im Anfange des Mittelalters aller Unterricht beruhte,
waren Eneyklopä dien , welche das Gesammtresultat
der früheren Studien zusammenstellten. Dieser, aus äus-
sern Rücksichten entstandenen Fonn legte der gläubige
Sinn des Mittelalters eine tiefere Bedeutung unter, er
gewöhnte sich an sie, weil er in ihr wenigstens einen
Anklang an das fand, wonach er sich sehnte, an die Auf-
fassung der Welt in ihrer Beziehung zu Gott. Man
suchte daher überall wenigstens der Form nach ein
Ganzes zu geben, man hielt es für unmöglich oder un-
statthaft, die Dinge vereinzelt zu betrachten, man deutete,
wenn man sich des Zusammenhangs nicht völlig bewusst
werden konnte, die Endpunkte der Kette, durch welche
jeder Gegenstand mit den höchsten Dingen verbunden
ist, mit Weglassung der Mittelglieder an, und begnügte
sich so einen Auszug oder ein Abbild des grossen Gan-
zen darzustellen. Jeder Chronist begann mit der Schö-
pfung und schloss mit dem jüngsten Gerichte, jeder wis-
senschaftliche Vortrag stellte seine Beziehung zu den höch-
sten Wahrheiten fest, man kannte den Begriff der Fachwis-
senschaften nicht, erwartete von dem Gelehrten, dass er
Alles wisse In der höchsten Blüthe des Mittelalters,
als die Kenntnisse schon zu einer gewaltigen Masse an-
geschwollen waren, gingen dann endlich mehrere Män-
ner mit bewundernssverther Belesenheit und Ausdauer
an dieltiesenarbeit wirklicher Encyklopädien, welche
den Anspruch machten, all e naturwissenschaftlichen,
historischen und doctrinellen Kenntnisse nach einem auf
In der Grabschrift des Alanus de Insulis heisst es:
Quem brevis hora brevi lumulo sepelivit,
Qui duo, qui septem, qui to tum scibile scivit.
Seplem ohne Zweifel, die 7 freien Künste, duo wahrscheinlich (Bruk-
ker Hisl. crit. phil. Ill 780.) Theologie und Philosophie.