Mischung
Historischen
Symbolischen.
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nächst vorhergegangenen Zeit angehörten. Denn auch in
den Begebenheiten des Tages ahnete man ein beständi-
ges Eingreifen höherer Mächte, ein Geheimniss, das
wichtiger und interessanter war als die gemeine Erschei-
nung an sich selbst. Auch sie umgab ein poetischer
Duft, welcher die Härte der Wirklichkeit milderte und
dem Gewöhnlichen einen Schein des Wunderbaren lieh.
Alle die Umstände, welche das praktische Leben unsi-
cher und mangelhaft machten, die Haltungslosigkeit ß-der
Charaktere und die Zufälligkeit der Ereignisse, Waren
dieser poetischen Stimmung förderlich, und selbst die ge-
ringe Kenntniss der Natur, indem sie eine scharfe Auf'-
fassung des wirklichen Hergangs erschwerte," gestattete
der Phantasie eine grössere Einwirkung. Wenn hierdurch
die historischen Gestalten an der idealen Freiheit der
überirdischexl Wesen Theil nahmen , so hatten andrerseits
diese ein historisches Element. Denn vermöge des über-
all vorherrschenden traditionellen Charakters dachte man
sich auch die Engel und selbst die allegorischen Perso-
niücationen nur in herkömmlicher, überlieferter Form.
Es gab keine Scheidewand; Idee und Wirklichkeit gin-
gen beständig in einander über , und die Erscheinungen,
welche sich nicht in solcher Weise auffassen liessen,
also namentlich die der unmittelbaren Gegenwart, wurden
in höherer ideeller Beziehung so gut wie gar nicht be-
rücksichtigt
Wie tief diese Mischung des Idealen und Realen in
der Auffassung des Mittelalters begründet war, ßrkßlllli
So sind in den Gedichten des Alanus und in den Tfillmilhen
des Petrarcn eine Menge historischer Gestalten, aber T381 alle sind
aus der nntiken Geschichte genommen. Nur Dante macht bekanntlich
eine Ausnahme von dieser Regel.
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