Richtung
der
altchristlichen
Kunst.
83
Richtung wird den Blick von der Natur abziehen und
daher die bildenden Künste entweder gar nicht aufkom-
men lassen oder sie doch nur als gleiehgültige sinnliche
Zierde aus der Fremde aufnehmen und dulden. Eine
Denkungsweise dagegen, welche in der Natur die grosse
Erhalterin der Dinge und. mithin göttliches Leben vor-V
aussetzt, wendet sich ihren Erscheinungen mit Liebe zu
und braucht sie als Mittel der Darstellung, welche dann
sofort eine künstlerische wird. Je nachdem nun aber das
göttliche Leben in der Natur als ein freies, geistiges,
dem Menschen ähnliches , oder als ein fremdartiges,
dunkles , gebieterisches Wesen anderer Art betrachtet
wird, gestaltet sich auch die Kunst frei und belebt, oder
starr und Hnster. Da ist es nun sehr bemerkenswerth,
wie diese frühen christlichen Gemeinden, obgleich ihr
Streben auf das Jenseits gerichtet War, weder zu einer
jüdischen Verbannung des Bildes noch zu einer trüben
Auffassung der Natur sich hinneigten. Selbst die Kirchen-
lehrer, vermöge ihrer Stellung begreiflicherweise strenger
als die andern Christen, verwerfen doch nur scheinbar
jedes Bild. Sie gaben sofort wenigstens die Erlaubniss
zu Symbolen, sie fanden selbst eine fromme Freude in
der Deutung einzelner Gegenstände auf Christus und auf
christliche Hoffnungen und Eigenschaften. Und damit War
sehr viel gegeben, nun durfte der Blick schon freundlich
auf den Erscheinungen der Natur ruhen, weil er in ihnen
Gleichnisse der höchsten geistigen Güter fand. Die Zahl
dieser Symbole musste bald gewaltig wachsen. Der Sinn
der You einem Gegenstande erfüllt ist, wird durch alles
daran erinnert, jedes ruft ihm eine Eigenschaft, eine Be-
ziehung daran ins Gedäehtniss. Das Wohlgefallen an
diesem symbolischen Liebesspiel erregt die Phantasie;