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Verfall
des
römischen
Reichs.
Heiteres und Freundliches gesucht zu sein, ähnlich wie
an den heidnischen Gräbern. Besonders zeigt sich dies
in der Darstellung des guten Hirten oder des Orpheus,
die oft ausgedehnt, mit grösserer Zahl von Thieren, mit
Hügeln und Bäumen ausgestattet ist. Zuweilen findet
sich sogar der gute Hirt nicht von Gegenständen be-
stimmter religiöser Symbolik, sondern von den vier Jah-
reszeiten umgeben, welche durch Männer in Beschäfti-
gungen, wie sie denselben entsprechen, unverkennbar
angedeutet sind. Auf Bildern dieser Art sehen wir Wieder
das malerische Princip deutlicher hervortreten, während
bei den meisten andern der arabeskenartige Charakter,
den sie mit der römischen Wandmalerei gemein haben,
es selbst nicht in dem Grade wie auf den Sarkophagen
aufkommen lässt.
Die Zeichnungen nach diesen wieder verschütteten
und untergegangenen Malereien, auf welche wir, wie
gesagt, ausschliesslich angewiesen sind, gestatten freilich
kein vollständiges Urtheil über ihre künstlerische Aus-
führung; indessen verräth schon die Anordnung und Ein-
theilung der Bilder und die Irlandhabung des arabesken-
artigen Beiwerks eine gewisse malerische Technik, die
also, wie die plastische, hier nicht geringer scheint, als
bei andern spätrömischen Arbeiten. Und dies genügt
uns im Wesentlichen, da künstlerische Meisterwerke
ohnehin nicht zu erwarten sind.
Um so wichtiger und lehrreicher ist dagegen die
Betrachtluig der Richtung, welche sich an diesen WVer-
ken der ersten christlichen Epoche zeigt.
Die Kunstrichtung einer Zeit oder eines Volkes hängt
sehr wesentlich von dem Gesichtspunkte ab, unter wel-
chem. die Natur erscheint. Eine iibersviegend geistige