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Verfall
des
römischen
Reichs.
und Liebesgötter, Venus und zkdorlisiii). In dem Hoch-
zeitsgedichte für den christlichen Kaiser Honorius schil-
dert der Dichter (Clandian) die Einkehr der Venus mit
ihrem Gefolge in den Palast des Kaisers. Dies war frei-
lich eine bloss allegorische Anwendung der Göttergestal-
ten; aber die heidnische Geltung derselben war noch in
zu frischem Andenken, als dass nicht den strengern Chri-
sten auch eine solche bedenklich und tadelnswürdig er-
scheinen, und sie geneigt machen musste, lieber alles
Künstlerische zu verbannen.
Aber so übersinnlich, wie jene Kirchenvater es woll-
ten, konnte die menschliche Natur sich nicht erhalten.
Grade die innige Hingebung dieser frühen Christen, die
Zärtlichkeit, mit welcher sie die Gegenstände ihres stil-
len Cultus betrachteten, musste das Bedürfniss nach
äussern Zeichen erwecken. Sie mussten wünschen, dass
die Lehre des Heils, welche das ganze Leben durchdrin-
gen sollte, auch den sichtbaren Aeusserungen ihr Gepräge
aufdrückte. Selbst das Geheimniss der Verbrüderung
machte Erkennungszeichen x-vünscllenswerth. Dazu kam
dann der orientalische Reichthunl an Metaphern und Gleich-
nissen in den heiligen Schriften, welche sich in der bild-
nerisch gewöhnten Phantasie griechischer und römischer
Christen in festen-er Gestalt ausprägten.
Sehr früh finden wir daher eine Neigung zum Ge-
brauche von äussern Sinnbildern. Schon Justin (f 163)
zählt mehrere derselben auf, und Clemens von Alexandrien,
ungeachtet er wie wir sahen gegen die Sinnlichkeit bild-
licher Darstellungen eiferte , ist gegen einzelne Symbole
nachsichtig und giebt sogar Vorschriften für dieselben.
Natürlich war zunächst Christus der Gegenstand solcher
d) Aginc. Sculpt. tab. 9. Buonarlmli 28. 2.