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Verfall
des
römischen
Reichs.
menschliche Gestalt hat daher das Vorrecht der Häss-
lichkeit; ihre Entstellung, ja selbst nur ihre seelenlose
Auffassung ist nicht mehr bloss unbefriedigend oder gleich-
gültig, Sondern beleidigend oder betrübend. Während die
Baukunst gleichsam auf dem festen Boden ruht, zu dem
sie herabsinken aber nicht in ihm untergehen kann, giebt
es für die menschliche Gestalt keine so unzerstörbare
Gränze, ihre Auffassung kann unter den Gränzpunkt des
Anfangs fallen, negativ werden.
So stellt sie sich in dieser Periode, wenigstens auf
der Seite des heidnischen Lebens dar. An berühmte
Künstlernamen ist jetzt nicht mehr zu denken, selbst
der flüchtige Ruhm , den Eitelkeit und Selbsttäuschung
der Zeitgenossen erzeugen, kam nicht mehr auf; das
Interesse War verschwunden. Im Anfange dieses Zeit-
alters hat sich noch eine Tradition der alten Kunst er-
halten, die Arbeiten sind mittelmässig, ohne besondern
Geist, aber nicht widerlich. Zur Zeit des Constantin
war auch diese Tradition verloren und zwar, wie es scheint,
sehr schnell. Jener Constantinische Bogen in Rom, an
welchem man die rohesten Machwerke gleichzeitiger Ar-
beiter neben die würdigen Sculpturen der Trajanischen
Zeit setzte, ohne diesen Vergleich zu scheuen, ist der
deutlichste Beweis dieses tiefen Verfalls. Man bemerkte,
wie es scheint, den ungeheuren Abstand nicht einmal.
Einige Statuen Constantins und der Glieder seiner Familie
sind zwar etwas besser und lebendiger, aber dennoch
ist die gänzliche Abwesenheit des feinern Schönheitsge-
fühles schon völlig entschieden i). Die Züge sind seelen-
los, starr und plump, der Körper in schlaffer, breiter
Eine dieser Bildsäulen steht in der Vnrhal
kirche, zwei andre an der Treppe zum Cßpitol.
le
der
Laterau-