Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

Reim 
und 
Farbe. 
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Der Reim der karolingischen Zeit und selbst des 
spätem Mittelalters ist meistens nur in dieser Beziehung 
angewendet. Nach den ersten Versuchen Ottfrieds schritt 
die Ausbildung der deutschen Sprache keinesweges rasch 
vor, während die romanischen Sprachen erst viel später 
hervortraten. Zwar machte sich der germanische Sinn 
nun auch im Lateinischen geltend und auch der Reim 
wurde in ihr fast durchgängig angewendet. Allein in 
der gealterten, todten Sprache war an ein Herausheben 
der Bedeutung nicht zu denken, höchstens als Wortspiel 
oder als Antithese (also grade durch den auffallenden, 
aber meistens zufälligen Gleichklang des Nicht-verwand- 
ten) kommt eine Rücksicht auf die Bedeutung vor. Bis 
zu dem Ausdrucke der Stimmung erhoben sich aber diese 
lateinischen Dichtungen nicht; nur bei geistlichen Liedern, 
und meistens auch da nur aus der spätem Zeit des Mit- 
telalters findet man dies, und zwar oft in grosser Schön- 
heitii); in der Regel dagegen liegt dem Reime bloss eine 
kindische Freude an dem Klingeln der Worte zum Grunde, 
es ist die erste Regung eines musikalischen Sinnes. 
Auf ganz ähnlicher Stufe finden wir denn auch den 
Farbensinn in den Werken des frühen Mittelalters. An 
den einzelnen dargestellten Gegenständen ist die Farbe 
schwach und weit entfernt von tiefem: Ausdrucke; noch 
weniger ist an eine künstlerische Behandlung des Far- 
bentons ganzer Bilder zu denken. Dagegen ist in den 
i") Die lateinische Sprache, obgleich für mannigfaltige Anwen- 
dung des Reimes nicht passend, eignet sich vortrefflich für das Kir- 
chenlied; der Feierlichkeit, dem (Bewältigen, Uebermächligen sagen 
ihre vollen Vocale wohl zu, und selbst die wiederkehrenden Flexions- 
endungen sind diesem Ausdrucke günstig, wie das volle, weite, 
schleppende Kleid dem ernsten Feste. Andrer Meinung ist, vielleicht 
in allznweilgetriebener Consequeuz, Poggel a. a. 0. S. 122.
	        
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