Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

Reim 
und 
Farbe. 
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eine musikalische nennen müssen, weil sie die Aeusse- 
rung eines Geistigen und Individuellen im Reiche der 
Zeit und des Tones ist. Auch die Länge und Kürze der 
Sylben hängt, jedoch nur in den Stammsylben, mit dem 
Klange und der Bedeutung zusammen, bei der grammati- 
schen Biegung und in der Zusammensetzung mehrerer 
Wörter geht aber diese Beziehung völlig verloren; für 
das Metrum ist daher jene Klangbedeutung des Wortes 
ganz gleichgültig, die Wörter werden wieBausteine im 
Ebenmaasse aneinander-gefügt. Im Reime dagegen tritt 
das Individuelle des Lautes deutlicher hervor, es wird 
durch die Wiederholung herausgehoben. Ist nun auch 
in einer entwickelten Sprache die Zahl der bedeutsam 
klingenden Worte nicht so gross, dass an diese Beziehung 
bei jedem Reime gedacht werden könnte, so wird doch 
dies musikalische Element der Rede in der gereimten 
Poesie vorzugsweise erhalten, und der Reim wird dem 
Dichter ein Mittel, durch die Art und den Wechselder 
Klänge die Wortgebiete, in welchen sich seine Gedanken 
bewegen, und dadurch die Stimmung, aus Welcher das 
Gedicht fliesst, auszudrücken?) Es ist nun bemerkens- 
werth, dass in der deutschen Sprache dies Bedeutsame 
des Lautes vorzugsweise gefunden wird; noch jetzt, nach 
den Einwirkungen so vieler fremdartiger Elemente, ist 
unsere Sprache reich an Wörtern, deren Klang bezeich- 
nend ist. Sie war daher für die Anwendung des Reimes 
besonders geeignet. 
Ganz ähnlich verhält es sich auf dem Gebiete der 
bildenden 
Kunst 
mit 
der 
Farbe. 
Auch 
sie 
ist 
an 
den 
Dingen charakteristisch, der höchsten Mannigfaltigkeit 
i") Feine Bemerkungen in dieser Beziehung giebt die sehr be- 
achtenswerthe Schrift von Poggel: Grundzüge einer Theorie des 
Heimes und der Gleichklänge, Münster 1836.
	        
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