Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

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Richtung 
der 
karolingischen 
Kunst. 
Dies 
führt uns 
auf 
eine 
zweite 
tiefere 
und 
mehr 
nerliche 
Verwandtschaft 
zwischen 
dem 
Reime 
und 
dem 
bildnerischen Sinne, welcher sich in dieser fränkischen 
Kunst schon geltend macht. Die Regel des antiken Vers- 
maasses ist, wie wir sahen, in der Natur begründet, 
sie geht aus dem Tonfall der Rede, aus dem Ausdrucke 
unmittelbar hervor. Aber mit dem Wesen des Wortes 
hat sie wenig oder gar nichts gemein, für dieses ist sie 
etwas ganz Aeusserliches; sie misst alles nach dem ein- 
förmigen Maasse von Länge und Kürze, die Mannigfal- 
tigkeit der Bedeutung ist ihr gleichgültig. Im Reime 
dagegen kommt auch der Sinn der Worte in Betracht, 
llIld auch darin liegt ein Naturelement. Jeder der nur 
einmal darauf aufmerksam ist, muss es wahrnehmen, dass 
die Laute des Wortes keinesweges ganz willkürlich und 
ohne Beziehung auf die Bedeutung sind. Wenigstens 
gilt dies von der ersten Entwickelung der Sprache; bei 
den Stammwörtern ist eine Verwandtschaft des Lautes 
mit der Bedeutung nicht zu verkennen, gewisse Laute sa- 
gen einer Vorstellung zu, sie kehren in Wörtern ähnlicher 
Bedeutung wieder, werden bei geringen Abweichungen 
des Sinnes mit Modificationen gebraucht. Zum Theil ist 
die Verknüpfung gewisser Töne mit gewissen Begriffen 
so in der menschlichen Natur begründet, dass sie sich bei 
allen oder vielen Völkern findet, zum Theil beruht sie 
nur auf einer Gewöhnung, deren Ursprung nicht aufzu- 
zeigen ist. Bei weiterer Ausbildung der Sprache herrscht 
zwar das Bedürfniss der Unterscheidung mannigfacher 
und freier Begriffe so sehr vor, dass darüber die erste 
Abstammung der Wörter vergessen wird, indessen be- 
halten doch jene frühen Eindrücke noch ihre Kraft. Der 
Klang des Wortes hat daher eine Bedeutung, die wir
	        
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