Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

Der 
Reim 
in 
deutschen 
Versen. 
jene Eigenthiimlichkeit der Sprache erklären, und daraus, 
wie aus einer natürlichen Nöthigung, herleiten wollen. 
Allein diese Nöthigung ist keine äusserliche; die Sprache 
ist nicht ein dem Nationalgeiste auferlegter Zivang, sie 
ist sein eigenstes, wenn auch im Einklange mit den na- 
türlichen Verhältnissen vollbrachtes WVerk, der treue Aus- 
druck seines innern XVesens. Auch war diese Nötllignng 
nicht vorhanden. Die germanischen Dialekte, für die 
Schrift und für jede höhere Cultur noch unausgebildet. 
schlossen sich in jugendlicher Fügsamkeit den antiken 
Sprachen an. Das Gothische des Ullilas trägt deutliche 
Spuren griechischen Einflusses; der härtere Sinn des 
fränkischen Stammes, von den geographischen Verhält- 
nissen unterstützt, Widerstand zwar kräftiger, aber den- 
noch zeigen die ältesten deutschen Sprachproben, welche 
auf uns gekommen sind, eine Einwirkung der lateinischen 
Formen, namentlich auch in der Beziehung, welche dem 
Reime ungünstig war, in der Ausbildung langer Flexions 
enduugexi. Es würde nicht schwer geworden sein, auch 
in diesen Sprachen Verse nach antiken Maassen zusam- 
menzubringen, an welchen der unkritische Geschmack 
der Zeit keinen Anstoss genommen hätte, und welche 
nicht viel schlechter gewesen wären, als die unbeholfenen 
Hexameter in den lateinischen Gedichten der karolingi- 
sehen Gelehrten. Es war daher eine innere, zugleich 
christliche und gcriuanische ltichtung auf das Musikalische, 
Wohllautende des Reimes, welche zu dieser Form hin- 
trieb, und welche in der germanischen Sprache ein besser 
dazu geeignetes Material Fand, als in der lateinischen, 
ungeachtet der Veränderungen, die sie bei dem Verfall 
der alten Literatur erlitt. Diese Neigung wirkte nun aber 
auf die Sprache ein, bildete sie mehr und mehr für diesen
	        
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