Erste
Erscheinung
des
Reims.
539
nen des vierten und fünften Jahrhunderts, sagten sich
von der-Herrschaft der antiken Versmaasse los; sie mogten
ihnen kalt und, besonders als seit der Zeit des Ambrosius
der gemeinsame Kirchengesang üblich wurde, zu künst-i
lieh erscheinen. Statt derselben wählten sie einfachere
Formen, vorzugsweise vier- oder achtfüssige Jamben oder
'l'rochäen, wie sie auch schon bei den Rölnern in Volks-
und Soldatenliedern vorgekommen Waren, welche in ihrem
Rhythmus und in ihrer correspondirenden Wiederholung
einige Aehnliohkeit mit dem Tonfall der antithetischeil
Verse der alttestamentarischen Poesie hatten. In dieser
Wiederkehr gleichtöneuder, zweitheiliger Versmaasse lag
denn schon ein Element, Welches den Reim erleichterte
und fast darauf hinführte. In der That finden sich hier
auch schon frühe einzelne gereimte Stellen, aber diese
Form kam dennoch nicht zum vollen Bewusstsein und zu
weiterer Ausbildung, und die gelehrten Dichter der ka-
roliixgischen Zeit kehrten sogar in ihren Hymnen wieder
zu den antiken Maassen zurück Erst durch eine Regung
Vergl. Daniel, thesaurus hymnologicus, Hai. 1841, desselben
lwmnologisehen Bliithenstranss, Halle 1840, und Fortlage Gesänge
christlicher Vorzeit (in Uebersetzungen), Berlin 1844. Der h. Am-
brosius (T 397) und Prudentius haben noch keinen Reim, dieser
braucht aber zuerst das (bei den Römern: das saturninische genannte)
Maass der aehlfüssigen Troeliäen, und man bemerkt an den Ausgän-
gen der Verse schon eine Neigung zur Assmmnz. Ob der dem Papste
Damasus ("f 348) zugeschriebene gereimte Hymnus in.dieser Form
ächt ist, mag (lahiu gestellt bleiben, dagegen wendet der h. Agustinus
("f 480) den Beim schon wiederholt an, aber unregclmässig und zu-
fällig; auch fand er nicht sogleich Nachfolge. Noch Fortunatus (um
600) scheint den Reim eigentlich nicht zu kennen; in seinem be-
riilnnten, mächtigen Kirchenliede: Vexilla regis prodeunt, fulget crucis
mysterium, ist offenbar etwas Iieimartiges beabsichtigt, aber es kommt
gewöhnlich nur zur Assonanz. Jetzt linden sich immer mehr Spuren
des Reims; so in dem bekannten Liede des Paulus Diaeonus gegen
R00): Ul. queant laxis resonare libris. Allein Alcuin und selbst sein