Vergleichung
mit
andern
Völkern.
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den Byzantinern entlehnt, denn sie übertrafen dieselben
sogleich, sie blieben nicht, wie bei den Figuren wo sie
nachahmten, hinter ihnen zurück. Nur einem gemeinsa-
men Elemente können wir daher diese gleiche Richtung
bei den sonst so verschiedenen Völkern zuschreiben.
Ich glaube dies Gemeinsame darin zu finden, dass
sie alle Schüler einer schriftlichen Offenbarung sind.
Auf den Zusammenhang dieser germanischen Arabeske
mit der Kalligraphie wies ich schon oben hin; sie entstand
gleichsam aus den übermüthigen Federzügen des Schrei-
bers. ln den Buchstaben selbst liegt ein arabeskenartiges
Element, eine Form, die sich nicht an die Natur, ilicht
an einen bewussten Begriff anlehnt, sondern auf wunder-
bare oder willkürliche Weise entstanden ist, und sich
zu unbewusster oder phantastischer Ausschmückung dar-
bietet. Das kalligraphisehe Element einer schriftlichen
Ueberlieferung giebt daher eine äussere Veranlassung für
die Arabeske; sie hat aber wohl auch, so auffallend ein
solches Anknüpfen des anscheinend Frivolen an das
Höchste klingt, einen Innern Zusammenhang mit der Na-
trrr einer geoifenbarten Lehre. Denn durch die Offenba-
rung, gleichviel ob die wahre oder die falsche, die christ-
liche oder die Muhameds, werden die Gemüther über die
Natur hinausgeriickt oder doch nicht auf sie hingeleitet;
die Einbildungskraft hat daher freies Spiel, sie ist auf
sich selbst angewiesen und übt sich im Leeren. Bei den
alten Völkern konnte eine solcherKunstrichtung nicht ent-
stehen , weil ihr ganzes Denken und Fühlen aus der
Natur her-verging und zu ihr hinstrebte; sie waren zu so
leichtem Fluge nicht angeleitet und berufen. Am Stärksten
sehen wir dieses Band der Natur in jeder Beziehung bei
den Aegyptern, und da ist es denn sehr merkwürdig,