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Richtung
der
karolingischexx
Kunst.
kunst linden wir zwar strenge, lineare Ornamente, aber
sie sind offenbar nur die 'l'rabanten der architektonischen
Linien, nur die feinen innern Schwingungen der mächti
gen Töne des grossen Accordes; im ionischen und korin-
thischen Styl nehmen sie wieder Lebensformen, Thier-
und Pflanzengestalten in sich auf, und fügen sich doch
dem architektonischen Gesetze, sie sind nur eine, wenn
auch vielleicht überflüssige Durchführung desselben. Auch
von dem leichten Wandschmuck, den die römische Ele-
ganz einführte, lässt sich ziemlich dasselbe sagen, ob-
gleich freier und willkürlicher, drängt er sich doch noch,
wenn ich so sagen darf, in die räumlichen Verhältnisse
ein. Sogleich nach dem [lntergange des römischen Reichs
wird die Ornamentik bedeutsamer. Schon in dcr byzan-
tinischen Kunst, so wenig sie hier ein harmonisches
System bildete, zeigt sich eine grössere Freiheit; an den
lKapitälen kommt eine Handhabung der Linien vor, die
sich nicht an die Formen der Natur oder der alten Kunst
anschliesst, sondern aus der Phantasie hervorgeht. Am
Stärksten ist diese Richtung freilich bei den Arabern;
wir sahen schon wie fruchtbar ihre Phantasie in diesem
anmuthigen, abenteuerlichen Spiele, in der geistreichen,
spitzfiildigen Durchführung des Bedeutungslosen, in dem
Mährchen der Linie war. Mit Recht hat die Arabeske
von ihnen den Namen. Aber auch bei den gerlnanischenl
Völkern machte sie sich in bedeutender Weise geltend.
Man denke nicht an Nachahmung; denn mit den Arabern
standen jene Angelsachsen in gar keiner, die Franken
kaum durch entfernten diplomatischen Verkehr in geringer
Verbindung, auch war die maurische Arabeske in dieser
ersten rauhen Epoche des Islam schwerlich schon so weit
ausgebildet. Ebcnsowenig haben die Franken sie von