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Architektur
des
Verfalls.
Bogen sind ohne alle Gliederung, die Fenster einfache
viereckige oder rund geschlossene Mauerößnungen. Pla-
stisches Ornament findet sich nur an den Kapitälen der
Säulen, welche meist, ebenso wie die Stämme, von heid-
nischen Gebäuden herrühren. Gewöhnlich sind die Kapi-
täle lgorinthischer Ordnung, ohne Zweifel nicht wegen
irgend einer Vorliebe für diese, sondern weil man sie
am häufigsten fand; denn auch dorische und ionische
kommen vor. Ebenso ist die Basis gewöhnlich die atti-
sche. Einzelne Kapitale oder Basen sind, wenn die vor-
gefundenen nicht ausreichten und man doch einigermassen
sich gleich bleiben wollte, in Nachahmung der ältern zur
Zeit des Baues gearbeitet, indessen mit grosser Rohheit,
so dass sie leicht von jenen unterschieden werden. Diese
abgerechnet, scheint fast eine Scheu vor plastischer Or-
namentik geherrscht zu haben, und man wählte, wie wir
weiter unten sehen werden, selbst bei reichen Mitteln zu
kostbarer Ausschmückuixg, lieber selbstständige malerische
Verzierungen.
Der Sinn für die Detailbildung des Architektonischen
fehlt daher diesem christlichen Style völlig, dagegen ist
die Form des Ganzen desto bedeutsamer. Das Charak-
teristische derselben besteht hauptsächlich in der Anord-
nung von drei parallel und gestreckt neben einander hin-
laufenden Sehilfen von grosser Ausdehnung. Durch die
Länge dieser Schiffe, durch das Verhältniss ihrer Breite,
durch die zwischen ihnen in derselben Richtung fortlau-
fenden Säulenreihen erhielt zum ersten Male die Archi-
tektur eine Gliederung des Innern in seinen Ruunnrer-
hältnissen. Die antike Baukunst hatte eine solche nicht
gekannt. Die griechischen 'l'empel von länglicher Form
bildeten im Innern entweder eine Art Säulenhof oder