Die
Miniaturen.
513
Einfluss, welche eine Einheit des Styls, wie sie in der
höhern Kunst, besonders in den Zeiten ihrer Blüthe,
herrscht, nicht aufkommen liessen. Zu diesen Zufällig-
keiten gehört namentlich der Einfluss des Fremden.
Grössere KllHStWGfke werden, "besonders in Zeiten ge-
ringer Kunstliebe, nicht. leicht und nicht in grosser An-
zahl von dem Orte ihrer Entstehung und ihrer ersten
WVidmung entfernt; ihre Einwirkung erstreckt sich daher
auch nicht über diesen Kreis hinaus. Bücher mit Minia-
turen und ähnliche kleinere Kunstwerke wandern dagegen
durch l-Iandel und Verschenkung weit herum, und bieten
sich um so leichter der Nachahmung dar, als der Ver-
fertigei- so kleiner Arbeiten durch örtliche Rüoksichten
überall nicht gehindert ist, und leichter zu Neuerungen
übergeht. Dazu kommt noch, dass ohnehin auch der
Text des Buches aus einem altern Exemplar genommen
werden muss und die Nachahmung also schon im Gange
ist. Man begreift leicht, wie verschieden die Leistungen
des Miniaturarbeiters ausfallen müssen, je nachdem er
bloss seiner Phantasie oder einem Vor-bilde folgt, je nach-
dem ferner dieses wirklich im fremden Lande entstanden
oder nach einem solchen Exemplare. copirt oder aber von
einheimischer Erfindung ist. Denkt man sich hiebei noch
den langsamen Verkehr einer wenig civilisirten Zeit und
die daraus hervorgehende grössere Wichtigkeit der we-
nigen Vorbilder, welche die Bibliothek eines einsamen
Klosters darbot, so sieht man wie sich hier die Zufällig-
keiten und Manuigfaltigkeiten häufen, und welcher Vor-
sieht und feinen Berücksichtigung aller Umstände es be-
darf, um aus der Beschaffenheit solcher Miniaturen auf
ihr Zeitalter und auf den Styl desselben im Allgemeinen
zu schliessen. Ueberhaupt sind sie mehr Hülfsmittel für
m. 33