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Römische
Architektur
bei
den
Deutschen.
gross dachte. Es ist ein schönes Amt, sagt er in der
Bestallung seines Schlossbaumeisters, ein durchaus ruhm-
bringender Auftrag, fernen Zeitaltern zu übergeben, was
die staunende Nachwelt loben muss. Auch im Schmucke,
heisst es an einer andern Stelle, wolle er den Alten nicht
weichen, denen er durch die Begliiekung des Jahrhun-
derts gleich komme. 'l'l1eoderich war klug genug, um
es einzusehen, dass die entarteten Römer, wie sie schon
längst germanische 'l'raehten angenommen, auch gegen
die Einschwärzung fremder Bauformen nicht spröde sein
würden; er hätte dadurch sogar imponiren können. Allein
er machte keinen solchen Versuch; vielmehr ist er am
Meisten für die Erhaltung der ältern Monumente besorgt.
Ich habe schon oben darauf aufmerksam gemacht, dass
diese spätem Römer eine unbegränzte Verehrung für die
Wunderwerke ihrer Vorfahren zur Schau trugen; die-
selben Gesinnungen finden wir auch bei Theoderich,
wenigstens in den Edicten, die sein römischer Rathgeber
verfasste. Freilich erkennen wir in diesen Aeusserungen,
in welchen sich die Neigung des gealterten Roms zu
schwülstigem Redeprunk mit der Verwunderung des bar-
barischen Herrschers mischt, kaum noch die römische
Architektur. Er rühmt die Schlankheit der Säulen m), die
wie aufgeriehtete Speere die gewaltigen Massen der Ge-
bäude tragen, er bewundert die hohlen Kanäle der Säu-
len, die man für iliessend halten möchte oder aus Wachs
4') Cassiodul" VII. 15. Quid dicamus cohuunarunl junceaxxl pro-
cerilalem? nWVas sollen wir von der binscnarligen Schlankheit der
Säulen sagenßß Die Uehertreibung in dem Beiworte ist nicht auffallend
bei dem Style dieses Schriftstellers. Vielleicht. würde man besser:
junctam proceritatem lesen, was denn eine rhetorische WVendung
sein würde, um die sich wiederholenden schlanken Stämme der Säu-
lenroihen anzudeilten.