Reaction
des
Elements.
germanischen
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Verwirrung noch steigen, endlich aber eine neue Form-
bildung entstehn, in welcher beide Elemente verschmolzen
waren. In Karls Schöpfungen waren diese Elemente nur
mechanisch gemischt, unter seinen Nachkommen geht
der Prozess chemischer Zersetzung vor sich, in welchem
dann zuletzt neue Gestaltungen sich krystallisiren. Erst
bei dem Erlöschen des karolingischen Hauses in Deutsch-
land und in Frankreich werden uns diese sichtbar, und
mit dem Auftreten neuer Geschlechter in beiden Ländern
beginnt der Bildungsprozess der neuen christlich germa-
nischen YVelt, das eigentliche Mittelalter. Die karo-
lingische Epoche ist für dieses eine Vorstufe, mehr der
Abschluss der Völkerwanderung, als der Beginn des
Mittelalters; sie enthält nur die Stoffe, welche die spä-
tere Entwickelung verarbeitet, zeigt nur die Grundlagen
auf welchen diese beruhet.
Auch in der Geschichte der Kunst begränzt sich
diese Periode sehr bestimmt gegen die darauf folgende
des Mittelalters; wir sehen in ihr noch ganz römische
Erscheinungen, aber mit einzelnen, zum Theil bedeutsa-
men Spuren germanischen Geistes vermischt, während erst
später, etwa unter der Regierung '()tto's I. in Deutschland,
der Beginn einer neuen Formbildung sichtbar ist, die
dann in steter Entwickelung das Mittelalter hindurch sich
fortsetzt.