Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

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Die 
spätern 
Karolinger. 
Italien und das südliche Frankreich, auf Gegenden alt- 
hergebrachter , tiefgewurzelter Civilisation beschränkt 
gewesen, so würde dennoch seine Begünstigung des 
deutschen Elements fruchtlos gewesen sein; die Germa- 
nen würden sich unter der (lichten Bevölkerung verloren, 
dem einheimischen Charakter nur eine schwache Färbung 
gegeben haben. Sie hatte aber ihren Sitz im Norden 
Frankreichs, Wo römische Sitte viel weniger verbreitet, 
die Zahl fränkischer Ansiedler viel grösser war, sie um- 
fasste auch den ganz unberührten, jungfräulichen Boden 
von Deutschland. Dadurch bekam das germanische Ele- 
ment in dem ganzen weiten Reiche eine viel grössere 
Kraft; bei allem Mangel an höherer Ausbildung, bei aller 
Demuth, mit der es sich den christlichen und römischen 
Lehren unterwarf, übte es dennoch eine geheime, aber 
wirksame Reaction dagegen aus. Diese Reaction erhielt 
dadurch einen sehr eigenthümlichen Charakter, dass sie 
völlig unbewusst war; man wollte nur christlich, nur 
römisch sein, Während die deutsche Natur sich immer 
Wieder hervordrängte. Begreillicheriveise War dies im 
höchsten Grade lähmend, es brachte einen Zwiespalt in 
die innersten Regungen des Gemüthes; sie dachten, sie 
fühlten als Deutsche, freilich auch als rohe, sinnliche, 
verwilderte Deutsche, aber diese Gedanken und Gefühle 
waren begleitet von dem Bewusstsein ihres barbarischen 
Ursprungs, von dem Zweifel wie weit sie nach dem 
höhern, besser belehrten Urtheile des Priesters, des Ge- 
lehrten statthaft und richtig sein möchten. Dazu kam 
denn noch die Unsicherheit aller Pflichten und Rechte 
bei einer Menge von neuentstehenden Verhältnissen, 
welche gegenseitige Ansprüche begründete und einen 
wilden Kampf der Eigensuclmt und Leidenschaft erzeugte.
	        
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