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Die
spätem
Karolinger.
her war denn auch bei ihnen vieles ungewiss; sie schwank-
ten zwischen dem Bedürfnisse der Belehrung aus den
alten Autoren und der Furcht vor ihrem unchristlicheix
Geiste. Wir finden, dass der weltkluge und gründlich
gelehrte Alkuin sich in seinem Alter Vorwürfe über seine
Gelehrsamkeit, macht, weil sie nicht ohne Studium der
heidnischen Schriftsteller erlangt sei.
Wir begreifen daher, wie schwankend das Gebäude
germanischer Lebensformen war, das Karl mit glühendem
Eifer und kräftiger Hand eilfertig errichtete. Mit Recht
hat man bemerkt, dass er überall schaffen und durchset-
zen wollte, was nur gepflegt sein will, damit es werde.
Man darf es ihm nicht vorwerfen, denn durch-diese ge-
waltsamen Mittel brach er die Bahn, welche zu ebenen
es Jahrhunderte bedurfte; aber es ist einleuchtend, dass
sein Werk nun nicht in gleicher Weise fortschritt, dass
unter seinen Nachfolgern die Elemente der Zerrüttung,
die seine starke Hand bewältigt hatte, mächtig hervor-
brachen, und die höchste Verwirrung eintrat.
Aeussere Umstände trugen zu dieser Verwirrung
bei; die Bruderkriege und Thronstreitigkeiten unter Karls
Enkeln, die Schwäche dieser Fürsten, dann die verhee-
renden Einfälle der Ungarn und Normannen. Allein schon
diese ungünstigen Ereignisse hatten innere Gründe, ohne
solche wären sie abgewendet oder unschädlich gemacht
worden, ohne solche hätten sich kräftige Charaktere ge-
bildet, welche der Noth des Augenblicks glücklichen
Widerstand leisten konnten. Es waren höchst eigenthüm-
liche Verhältnisse, unter welchen Karl seine Völker zurück-
liess, Verhältnisse, wie sie wohl niemals in der Weltge-
schichte wieder vorgekommen sind, die man sich schwer
ganz vergegenwärtigen, bis in das Einzelne ausmalen kann.