Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

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Die 
Karolinugiszahc 
Zeit. 
ein Vorbild der spätem Herrscher deutschen Stammes. 
Der Weg, den er eingeschlagen hatte, germanische und 
romanische Elemente zu verschmelzen War gewiss der 
richtige; aber zunächst hatten diese Bemühungen auch 
nachtheilige Erfolge. Bei der Iren-gebrachten Rohheit, 
bei dem Mangel aller Vorbildung musste der Lerneifer 
oft in ein geistloses, unverstandenes Aufnehmen übergehn, 
oft ermatten. Karl selbst erfuhr dies an seinen Kloster- 
schulen. Während an einzelnen Orten die anregende Be- 
geisterung des Lehrers oder die überwiegenden Fähig- 
keiten einiger Mitschüler einen Eifer hervorriefen, der in 
eine kindische Freude an vereinzelten Sätzen, an einer 
trocknen und schwerfälligen Nachahmung des römischen 
Styls in Prosa oder Versen überging, versank man an 
andern sogleich, nachdem der Besuch des Kaisers oder 
des von ihm beauftragten Bischofs vorüber war, wieder 
in eine träge Nachlässigkeit, in der denn die angelernten 
Lehren bald seltsam entstellt wurden ü). 
Dieser Kampf zwischen dem Lerneifer und der an- 
gebornen rohen Unbehülflichkeit gab natürlich den Fran- 
ken eine schülerhafte Stellung, Welche in mancher Be- 
ziehung die freie Entwickelung des Geistes unterdrücken 
und lähnien musste. 
Vor Allem nachtheilig wirkte dies denn auf dem 
Gebiete, wo freie Entschliessuxig am Nöthigsten ist, auf 
dem moralischen. In vielen Beziehungen standen die 
1') Der Mönch von St. Gallen, wenn ich nicht irre, beschreibt 
in einer sehr komischen Weise, wie der Kaiser, welcher auf den 
musikalischen Unterricht mit Recht grossen Werth legte und deshalb 
fähig scheinende Jünglinge in Rom unterrichten und als Lehrer den 
Klosterschulen zuordnen liess, bei dem Besuche eines solchen Klosters 
durch das barbarische Gebrüll erschreckt wurde, in welches er den 
römischen Kirchengesaxig bei Lehrern und Schülern entartet fand.
	        
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