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Die
Kunst
des
Islam.
Muhamedailer einen Vorzug; ihre Architektur erreichte
eine höhere Entwickelung und grössere Eigenthümlichkeit,
als wir der der Juden zuschreiben (lürfen, das Schön-
heitsgefühl äusserte sich wenigstens in der Arabeske
lebhaft und geistreich. Die Ursache dieser Erscheinung
ist in der späteren Entstehung des Islam und in seinen
Bestandtheilen zu suchen; er nahm die Resultate der
Volksbildung heidnischer und christlicher Nationen in
sich auf, die Kunst war schon zu tief in das Lebensblut
des menschlichen Geschlechts eingedrungen, um ganz
ignorirt zu werden. In Beziehung auf das Naturgefühl
erscheinen dagegen die Muhamedanel- schwächer; wie
kleinlich und gekünstelt sind ihre Bilder, ihre Ansichten
gegen die urkräftigen grossartigen Anschauungen der
hebräischen Dichter. Wir sehen hier die Folgen des
Ursprungs der religiösen Begeisterung beider. Bei den
Juden trug die Offenbarung den Stempel der tiefsten,
wenn auch in menschliche Worte gekleideten Wahrheit,
sie war nicht plötzlich aufgedrungen, sondern mit dem
Leben des Volkes hervorgewachsen; die ganze Kraft
der Natur lebte in ihr. Bei den Muhamedanern war der
Koran das WVerk eines einzelnen, wenn auch bedeutenden
Menschen, eine gewaltsam auferlegte Lehre, welche zu
der grossen Natur in einem unbestimmten und beschränk-
ten Verhältnisse stand, und den Beziehungen zu ihr den
Charakter einer spielenden Willkür aufdrückte.