Die
Kunst
des
Islam.
atomistisch, ohne zu bestimmten Figuren zu gestalten.
Allein dennoch war dadurch eine Anlage für die leichte,
richtige Handhabung der Formen gegeben. Endlich diente
denn die vielfach geübte Phantasie auch hier als gewandte
und brauchbare Dienerin.
Ich darf nach diesen Bemerkungen nur Weniges hin-
zufügen, umeim Einzelnen zu zeigen, wie genau die Ar-
chitektur des Islam dem geistigen Zustande dieser Völker
entspricht und ihm einen Ausdruck verleiht. In der Ein-
fachheit und Formlosigkeit der Wände, in dem Mangel
plastischer Gliederung erkennen wir die Abstraction von
der Natur, die Einsamkeit des Gedankens, die willkürliche
Verbindung der Gegensätze. In dem schlanken Minaret,
der sich so kühn über den niedrigen, flachen Dächern
aufschwingt, ist ein deutliches Bild dieser monotheistischen
Frömmigkeit gegeben. Die Kuppel mit ihrer bald flachen,
bald geschwungenen , bald schwellenden Form ist ein
reiner Ausdruck orientalischer Ueppigkeit; ihre unvermit-
telte Verbindung mit den flachen Theilen der Decke ist
wieder eine Wirkung des contrastirenden Elements. So
hält sich das Aeussere mehr im Allgemeinen, während
wir in den Details und Verzierungen des Innern die fein-
sten Züge, die uns in andern Aeusserungen des muha-
medanischen Lebens begegnen, wieder antreffen. Der
Reichthum und die Zierlichkeit dieserDetails sind zunächst
in ihrer Beziehung zu der Einfachheit und Armuth des
Aeussern charakteristisch. Es ist das freigelassene Spiel
der Phantasie in dem Gebiet, welches von den grossen
abstracten Gegensätzen der allgemeinen Weltansicht
nicht mehr beherrscht wird, die Willkür, welche überall
eintritt, wo diese schroffen Gegensätze nicht mehr An-
wendung finden, wo man sich nicht mehr mit einfacher