Naturgefühl.
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Die Fluren kleidet blauer Blumen Schleier,
Die Berge siebenfarhiger Seidensloff,
Die Erde hauchet Duft der Moschusblasen
Die Weiden tragen Papagein wie Blätter.
Es kam um Mitternacht des Frühlings WVehen,
Willkommen Nordwind! Heil euch Frühlings-dufte!
Du meinst der K7Vind trägt Moschus in dem Aermel.
Und Spiele liegen in des Gartens Armen.
Die weisse Rose trägt im Halsband Perlen,
Rubinen sind Syringen Ohrgehänge,
Der Ahorn streckt fünf Finger aus, wie Menschen,
Der Rosen rothes Weinglas zu ergreifen.
Auch Firdnsi mischt in sein grosses episches Gedicht
solche
Schilderungen
ein :
Die Gärten glülm von Bosentinten,
Die Berge voll Tulpen und Hyacinthen.
Im Haine klagt die Nachtigall,
Die Rose seufzt von ihrem Widerhall.
Aus NVolken seh ich Thau und Regen lliessen.
Ich weiss nicht was verwirrt macht die Narcissun"
Wir sehcn, wie sich auch diesen Dichtern das Bild
der Natur sogleich in das Gefühl des Genusses, in ver-
einzelte Erscheinungen und in künstliche, conventionelle
Metaphern verwandelt. Und doch sind diese persischen
Dichter noch diejenigen, bei welchen die Objectivität des
Gefühls am kräftigsten ist. Nur bei ihnen (und allen-
falls bei den spätem nachahmenden Osmanen) finden
sich epische Dichtungen; die Araber haben nur lyri-
sehe, in welchen der Dichter selbst mit seinen Gönnern,
Geliebten, Freunden persönlich sich darstellt, oder didak-
tische, bei denen die Betrachtung oft scharf und tief-
4) S. v. Hammer, Geschichte der schönen Redekünste Persiens.
iVien 1818. Das erste Beispiel von Farruchi, dem Schüler Anssarils
S. 47, das zweite S. 57. Ein andres S. 96. Eine ähnliche Schilderung
des Herbstes S. 113. Vergl. auch ein Beispiel aus dem Iskender-
Nameh des Alnnedi, eines osmanischen Dichters aus der ersten Hälfte
fies 14. Jahrh. bei v- Hammer. SVicnJahrb. 57.13. Aug.Bl. S. 2.