Ihre
Beziehung
Religion.
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Mängel sein mögen. Eine Umkehr, eine Aenderung des
Menschen fordert er nicht , und eine so tiefe, naehwir-
kende Lösung der grossen Gegensätze, wie das Christen-
thum, gewährt er nicht; aber eben deshalb war er leichter
verständlich und zugänglich. Er bildete ein künstliches
System, dessen [Tnhaltbarkeit und Verderblichkeit, selbst
für jene Völker, durch die neueste Geschichte zu Tage
tritt, aber er beruhete auf einer genialen Verschmelzung
der verschiedenen nationalen Geistesrichtungen des Orients
mit einer neuen, höhern Tendenz. Es erklärt sich hieraus
die schnelle Ausbreitung und die lange Dauer des Islam.
In der That darf man ihn für diese Völker, wenn sie der
Aufnahme oder doch der Durcharbeitung des Christen-
thums nicht fähig waren, als eine Wohlthat ansehen, die
ihnen von der Weisheit der Vorsehung zugedacht war;
gewiss wurde bei ihnen ein höheres geistiges Leben
durch den Koran angeregt.
Er gab zunächst höchst tiefe, geistige Gedanken;
den der allumfassenden, durch Vorherbestimmung alles
leitenden Einheit Gottes, und den der subjeetiven Freiheit,
aber zu diesen in ihrer Abstraction scharf eontrastirenden
Bestimmungen trat dann als ferneres Element, zwar nur
geduldet, aber doch höchst wichtig, die sinnliche Natur.
ln jeder Beziehung ist daher die Beriihrmlg und Verbin-
dung des Entgegengesetzten die Grundform, nach welcher
sich alle Lebensgestaltungen auf muhamedanischem Bo-
den modeln. Es ist, wie gesagt, ein höchst orientalisches
System, Licht und Schatten, Beweglichkeit und Ruhe,
unmittelbar an einander gränzend, in schärfster Steigerung
des Gegensatzes, und doch mit einander verbunden. Im
Laufe der Geschichte zeigen sich diese Elemente in ver-
schiedener Kraft. Anfangs herrschte das subjective Elc"