Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

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Die 
Kunst 
Islam 
des 
schriebenen Fönnlichkeitevl und der gebotenen Pflichten 
bilden npch keinen Menschen, sie bleiben äussere Hülle, 
unter welcher die wilde Kraft der Leidenschaften und der 
Sinnlichkeit um so verderblicher ihr Wesen treibt. 
War 
doch 
auch 
schon Muhameds Lehre 
S0 aus 
nicht 
einem Keime hervorgegangen; neben den abgeleiteten 
und abstracten Formeln antiker, christlicher, jüdischer 
Doctrinen, neben den Vorschriften der Enthaltsamkeit und 
des Fastens, nahm er die ganze Fülle der Sinnlichkeit 
in sein heiliges Buch auf. Es War nicht bloss die alleinige 
Grösse Allalfs, welche die Völker begeisterte, auch die 
vollste Befriedigung der Sinne war ihnen verheissen. Es 
macht einen eigenthümlichen Eindruck, wenn man neben 
der Predigt des übersinnlichen Gottes die lockende Be- 
schreibung des Paradieses liest. Achttausend Diener, 
sämmtlich schöne Jünglinge, umgeben hier den Gläubigern, 
zweiundsiebenzig Frauen sind ihm gegönnt, sein Zelt ist 
mit Perlen , Hyazinthen und Smaragden geschmückt, 
dreihundert goldne 'l'ische tragen seine Mahlzeit, jeder 
mit einer Schüssel bedeckt, die letzte so schmackhaft 
wie die erste; auch Wein ist ihm hier gestattet, der aber 
nicht berauscht; in ewiger Jugend, umgeben von Kindern, 
so viel er sie begehrt, lebt hier der Selige und lauscht 
den Gesängen eines lieblichen Engels oder ergötzt sich 
am Anblicke Allahs; nach so vielen sinnlichen Genüssen 
kann auch dieses nur als der höchste, schwerlich also 
als etwas rein Geistiges gedacht werden. Freilich belohnt 
diese schwelgerische Fülle den Gläubigen erst in einem 
jenseitigen Leben, nach der strengen Erfüllung selbst 
rauher Pflichten; aber immerhin war dadurch der Werth 
des sinnlichen Genusses anerkannt; selbst die Kasteiung 
ging von einer solchen Anerkennung aus und bestärkte
	        
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