Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

Ihre 
Beziehung 
zur 
Religion. 
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wohlthätige Wirkung ausübt. Und dieser Charakter 
der Ruhe ist eine so entschiedene Folge dieser Lehre, 
dass er sich bei allen Völkern, die sich zum Islam beken- 
nen, ausgebildet hat, und ihnen immer geblieben ist. Man 
könnte glauben, dass diese geistige Richtung der Archi- 
tektur sehr günstig sei, dass aus ihr ein eben so festes, 
grandioses, überall und durch alle Jahrhunderte gleiches 
System der Baukunst hervorgehen müsste; um so mehr 
als diese Kunst die einzige unter den bildenden war, in 
welcher die Muhamedaner ihr Wesen aussprechen konn- 
ten, und als die Vermischung und 'l'rübung des architek- 
tonischen Elementes durch das bildliche nicht denkbar 
war. Der Boden scheint vortrefflich für die Baukunst 
vorbereitet; wenn sich dennoch kein consequenter, wahr- 
haft architektonischer Styl ausbildete, so könnte man 
dies für einen Zufall, für eine Abweichung von der grossen 
Regel der Entstehung architektonischer Formen halten. 
Allein das religiöse und politische System des Koran 
hat denn doch in Wahrheit jene innerliche Einheit nicht, 
die es zu haben scheint, es dringt nicht frisch und le- 
benskräftig aus der natürlichen Anlage der Völker hervor, 
es beherrscht das Leben, aber wie der verderbliche Befehl 
des Despoten aus seinem einsamen Palaste, es geht nur 
darüber fort, wie die Stimme des Imam von dem hohen 
Minarete. Dieser starre Monotheismus, das System der 
unbedingten Unterwerfung durchdringt nicht das ganze 
natürliche Dasein, sondern tödtet es entweder ab oder 
lässt ihm eine willkürliche, sinnliche Freiheit. Es fehlte 
ihm die Anlage, Individuen zu durchbilden, die Gesetz- 
mässigkeit des Ganzen mit der Lebensfülle des Einzelnen 
zu verschmelzen. Das Bekenntniss, dass Allah gross sei 
und Muhamed sein Prophet, die Beobachtung der vorge- 
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