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Die
Kunst
des
Islam.
Gleich nach der Eroberung von Constantinopel (1453)
begann der Sultan Mahmud II. seine neue Residenz zu
schmücken. Sehr merkwürdig ist nun, dass er dabei
genau so verfuhr, wie die ältesten Beherrscher der Gläu-
bigen. Wie einst von den Kalifen Omar und Walid die
Hauptkirchen von Jerusalem und Damascus, wurde auch
jetzt von ihm die Sophienkirche für den Islam in Be-
schlag genommen, zur Moschee, und zwar zu einer sehr
heilig gehaltenen, erhoben. Aber auch sonst bediente er
sich ohne Weiteres christlicher Kunst. Der Beherrscher
weiter Länder des Orients, wo schon seit Jahrhunderten
zahlreiche und bedeutende Monumente zur Ehre Allahs
und des Propheten entstanden waren, nahm seine Zuflucht
nicht zu muhamedanischen Meistern, sondern ein griechi-
scher Christ, Christodulos, war sein erster Baumeister,
und die Nachkommen und Landsleute desselben dienten
noch lange den Nachfolgern Mahmuds in gleicher Weise.
Es ist daher nicht zu verwundern, wenn wir hier unge-
achtet der grossen Bauthätigkeit dieser reichen Monarchen
nicht die Entwickelung eines neuen Styls, nicht einmal
die Anwendung der frühem Gestaltungen islamischer Bau-
ten, sondern nur eine Nachahmung der Formen vorlinden,
welche sich in Byzanz erhalten hatten und deren höchste
Ausbildung noch immer die Sophienkirche gab m). Nur
die spielende und anmuthige Decoration des Innern, wel
che allen muhamedanischen Bauten gemein ist, brachten
die Türken auch hier nach Europa herüber, während in
der architektonischen Anlage selbst die Moscheen sich
i) Die beste Zusammenstellung der Nachrichten über die tür-
kischen Bauten in Constanlinopel iindet man bei Dallaway, ancient
und modern Constaniinople. Architektonische, Zeichnungen fehlen,
was freilich hier weniger, als an andern Punkten der Geschichte zu
bedauern ist.