Alhambra.
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Kühlung, Luftzug, Erfrischung, bequemen Genuss der
Ruhe in der Hitze des Tages. Daher sagt ihnen auch
die überreiche Decoration vollkommen zu; auch sie ath-
met dasselbe wollüstige Behagen, ihre wechselnden tän-
delnden Verschlingungen reizen das Auge, ohne ihm mehr
als eine spielende, leicht zu unterbrechende Beschäftigung
zuznmuthen. Selbst die abenteuerlichen, überraschenden
Formen, die sich an Kuppehi und Säulen zeigen, gehen
nicht zum Grossen und Schroffen über, sie sind nur muth-
willige Abschweifungen der Phantasie, von der Anmuth
beherrscht, von dem Reichthum besänftigcnd bekleidet.
Und wenn dann das Auge, in dem Wechsel der Linien
und dem dunkeln Glanze der Farben träumerisch spielend,
auf den goldnen Inschriften weilt, so führt das Wort ge-
wohnter Heiligkeit oder der dichterische Ausruf der Be-
geisterung wieder auf die Schönheit des Orts, auf den
Genuss des Moments. Das Ganze hat daher eine zu-
smnnreilhängende Poesie, es ist ein heiteres Mährchen,
ein lockendes elfeilartiges Spiel, das die Seele in siissen,
traumerfüllten Schlummer einwiegt. Ich weiss ilicht, ob
unser, an kräftigere Nahrung gewöhnter Sinn sich lange
an diesen leichten, schaumartigen Gebilden erfreuen würde,
Aber wir sind bewandert, weltbürgerlich genug, um uns
auch in diese Stimmung versetzen, ihre Reize nach-
empfinden zu können.
Dieser Reiz der Ausschmückung würde ilach unsern
Begriffen vielleicht durch bildliche Darstellung wirklicher
Gestalten noch erhöht worden sein, und in der That ist
diese auch in Alhambra nicht ganz verschmäht. Die
Araber in Spanien hatten schon frühe das Verbot der
Darstellung lebender Geschöpfe nicht strenge beobachtet,
in Azzahra hatte der zärtliche Kalif sogar das Bild seiner