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Die
Araber
in
Sicilieu.
Ende
des
zehnten
Jahrhunderts
(unter
dem
Emir
Abul
Kasem 995) erlangte die Insel den Höhepunkt ihres
Glanzes unter der Herrschaft des Halbmondes, wurde
aber bald darauf der Schauplatz einheimischer Kämpfe.
Einer der streitenden Prätendenten wandte sich an den
byzantinischen Befehlshaber von Apulien, welcher mit
Hülfe der tapfern normannischen Ritter, die sich in diesen
Gegenden gesammelt hatten, vorübergehende Vortheile
erkämpfte (1039). Bald darauf fühlten sich diese kühnen
Abenteurer stark genug, für eigne Rechnung zu erobern,
und nachdem der glücklichste unter ihnen, Robert Guiscard,
sein Reich in Neapel begründet hatte, erneuerte sein jün-
gerer Bruder, Graf Roger, den Kampf gegen die sicili-
sehen Araber mit geringen Mitteln aber mit grosser Tapfer-
keit und Beharrlichkeit und mit so günstigem Erfolge,
dass er nach kaum dreissig Jahren (1090) unbeschränkter
Herrscher der reichen Insel war. Die Ueberreste christ-
licher Gesinnung im Volke hatten seinen Sieg befördert,
aber so überwiegend war das arabische Element in der
Mehrzahl, dass die normannischen Fürsten nur durch
kluges Anschliessen an dasselbe ihre Herrschaft sichern
konnten. Sie begünstigten die vorgefundene moslemische
Kunst und Wissenschaft, ihre Verordnungen wnrden'in
beiden Sprachen, lateinisch und arabisch, bekannt gemacht,
und noch in ihren Palästen duldeten sie Inschriften in den
Zügen der vormaligen Beherrscher des Landes. Durch diese
heilsame und milde Politik entstand eine Mischung arabischer
und christlicher Elemente, welche wie den Sitten, so auch
den Bauten der normannischen Eroberer ein eigenthümli-
ches Gepräge giebt, das wir jedoch erst später ins Auge
fassen werden, um uns jetzt mit den sicilianischen Bauwer-
ken, welche rein arabischen Ursprungs sind, zu beschäftigen.