Die
Erfindung
des
Spitzbogens.
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weder in technischer noch in ästhetischer Hinsicht irgend
einen Zusammenhang mit dem Spitzbogen. In jener nicht,
weil die Kenntniss des Steinschnitts ganz andere Rück-
sichten hineinbrachte, in ästhetischer nicht, weil sie in
ihrer Verbindung ganz andern Eindruck geben. Die tech-
nische Erfindung des Spitzbogens kann nun sehr leicht
zufällig entstehen, wenn man bei der Kenutniss des Stein-
schnittes ein Gewölbe herzustellen hat, dessen Scheitel
höher oder niedriger liegen soll, als die Hälfte seiner
Grundlinie. Daher erklärt es sich, wenn man an einzelnen
römischen Bauten, in dunkeln Hallen, an gewissen Stellen
von Wasserleitungen, an Gräbern wirkliche Spitzbogen
vorlindet ö). Sie existirten technisch, aber nicht ästhetisch,
körperlich, aber ohne Seele und Namen. Es folgt hieraus
auch, dass die technische Eriindung sich leicht öfter wie?
derholen kann, und es mag dahingestellt bleiben, ob die Ara-
ber sie selbst gemacht, oder von römischen Meistern oder
Beispielen entlehnt haben. Aber in ästhetischer Beziehung
waren sie (wenn nicht erwiesen werden sollte, dass die
sassanidischen Baumeister in Persien ihnen darin vorausge-
gangen) die ersten Erfinder, nur wie gesagt in einem be-
schränkten Sinne," und ohne dass man Ursache hat, dieser
ihrer Erfindung grosse Bedeutung beizulegeniii").
pl. 195) ein Grabmonimient aus einem Steine mit völlig spitzbogiger
Form. S. übrigens l-littorf und Zanth, Arch. mod. de 1a Sicile in
der Einleitung.
Vergl. mehrere Beispiele bei Hittorf und Zanth a. n. O. Auch
die Spitzbogen an dem Begräbnisshofe zu Satfreh in der Cyrenaica,
abgebildet in dem Reisewerke von Pacho, gehören dahin.
i") Andrer Meinung sind Manche, welche auf die Architektur
der ägyptischen Araber grosses Gewicht legen, z. B. Mertens in den
geistreichen, aber oft höchst gewagten Ansichten, die er in seinem
Aufsatze über: Paris, baugeschichtlich im Mittelalter (Wiener Bau-
zeitung 1843. S. 159) niedergelegt hat. Er nennt darin Cairo als