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Verfall
des
römischen
Reichs.
und die nüchterne Einfachheit auf eine ungünstigere Weise
hervortretend a). Indessen leiden die verschiedenen Künste
s) Die frühem Bearbeiter der Kunstgeschichte geben meistens
andre Gründe für den Verfall der Kunst au, sie suchen die Ursachen
in einer Vernachlässigung richtiger Kunstprincipien, in dem Mangel
oder der Nichtbeachtung guter Vorbilder oder in einer fehlerhaften,
gewissenlosen Praxis. Man findet diese Gründe gut zusammengestellt
und kann sich von ihrer Unhaltbarkeit am Besten überzeugen bei
einem Schriftsteller, der selbst noch dieser Ansicht zugethan ist, bei
Emeric David, Histoire de 1a Peinture an moyen age. Paris 1842.
Der Verf. (geb.1755.-i' 1839) hatte diesen übrigens mit sehr lleissig
gesammelten Notizen ausgestatteten Aufsatz bereits in den Jahren
1811 und 1812 geschrieben. Er leitet den Verfall her theils aus der
Zerstörung heidnischer Bildsäulen in Folge der Anordnungen christ-
licher Kaiser, theils aus den falschen Knnstlehren, namentlich des
Seneca und des Apollonius von Tyana, welche die Künstler von
einem gründlichen Studium der Natur abhielten, theils endlich aus
der Gewinnsucht, welche die Jünger der Kunst in die Schulen solcher
Meister führten, welche sie schnell malen lehrten. Allein alle diese
Gründe sind theils thatsächlich unrichtig, theils untergeordneter Art.
Die Edicte der Kaiser, welche die Zerstörung heidnischer Tempel
und der darin aufgestellten _Götterbilder geboten, gingen eben nur auf
die Aufstellung der Letzten zur Anbetung; waren die Statuen aus
den Tempeln entfernt und an einem andern Orte aurfgestellt, so blie-
ben sie unangefeindet. In Constantinopel fanden sich noch bis zur
Zeit der Kreuzzüge sogar Götterhilder auf öffentlichen Plätzen und
Theodorich riilnnt in einem seiner Edicte (Cassiod. Var. lib. VII.
form. 13.) den populus copiosissimus statuarnm , den man in Rom
sähe. An Vorbildern alter Kunst fehlte es daher nicht. An Principien war
auch die schönste Zeit griechischer Kunst arm und die rhetorischen
Sätze des Seneca und Apollonius waren nicht gefährlicher als manche
Sätze des Plato. Auch führt der Verf. selbst (p. 15) eine ganze
Reihe von Anssprüchen und zwar christlicher Kirchenvater derselben
Zeit an, welche grade auf die Natur als das Vorbild der Kunst hin-
wiesen. Indessen sind auch diese Aeusserungeu nur rhetorischer
Art, beiläufig, ohne innere Beziehung auf die Kunst vorgetragen
und ebenso einflusslos wie jene. Endlich ist der Vorwurf den ein
andrer Schriftsteller (Libanius) den Malern seiner Zeit macht, sie
hätten den grossen Zulauf von Schülern dem Umstande zu verdan-
ken, dass sie sie schnell zu malen unterwiesen, nicht minder eine
rhetorische Phrase. Sie schliesst sich daran an, (lass die Schulen der