Unsicherheit der Verhältnisse. 19
der Schriftsteller dieser Zeit werden wir es gewahr. Die
klassischen Formen der Vorzeit konnte man wohl be-
wundern, aber selbst in der Nachahmung zerstörten bi-
zarre WVendungen den Vers, gehäufte übertriebene Bei-
wörter die Prosa. Der Sinn war auf das Wunderbare
und Gewaltige gerichtet, dem doch die Lage der Dinge
nicht entsprach; man gefiel sich in schweren, schwülstigen
Formen, und verliess durchweg das Natürlichexund Ein-
fache. Daher die unzeitige Einmischung von Metaphern und
Citaten, die Häufung fremdartiger und neugebildeter Wörter,
endlich die ungehörige Herbeiziehung allgemeiner Betrach-
tungen bei den einfachsten Gegenständen, deren Begrün-
dung aus den nächsten und bekanntesten Rücksichten
hervorgehen musste. Besonders auffallend ist dies bei
den Gesetzen, wo dem Befehl, der seiner Natur nach
kurz sein müsste, stets die weitläuftigsten Gründe vor-
ausgeschickt sind. Dennoch wusste die vielgestaltige
Literatur auch aus diesen Zeichen des Verfalls noch
einige Vortheile zu ziehen. Schon Lueian, der Zeit nach
der vorigen Periode angehörig, verdankte die Schärfe
seines VVitzes und die Anmuth seiner Laune zum Theil
diesen Zuständen. Recht eigentlich aber charakterisiren
sie sich in dem bunten, mährehenhaften Roman, der jetzt
zuerst beliebt wurde, während gleichzeitig und im schrof-
fen Contraste zu diesen phantastischen Dichtungen, die ein-
fachen erhabenen Hymnen christlicher Dichter entstanden.
Die bildende Kunst besitzt diese Gewandtheit nicht;
ihre Aufgabe ist eine strengere, welche dem Zeitgeist
Weniger Concessionen machen darf. Wir sehen daher
in ihren Leistungen den allgemeinen Charakter der Zeit,
das [THSiChere und Nebelhafte, den Wechsel der Erschei-
nungen, die Schärfe der Contraste, die sehwülstige Pracht
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