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Die
Araber.
auch die nöthige Verwandtschaft mit den orientalischen
Staaten nicht, Welche sie zu solchem Vorbilde geeignet
machte. Denn Wie die deutsche lllarkgemeintle mit der
bürgerlichen Stadteinheit von Griechenland und Italien,
war bei den Arabern die Gewalt des Familienober-
hauptes mit der Despotie des Herrschers jener Staaten
verwandt-Bei solchen Völkern, wie Deutsche und Ara-
ber, hat die bloss angeborne und überlieferte Religion
nicht die bindende Kraft, wie bei andern. Daher schon
bei den Germanen die Gleichgültigkeit gegen ihre Götter,
welche den Uebertritt ganzer Nationen zum Christenthum
so leicht machte. Wo die Freiheit des Einzelnen so vor-
herrschend ist, da kann nur eine Religion, Welche aus
freier Wahl und Meinung angenommen ist, tief fesseln
und verbinden. Dieser Begriff einer freiwillig erwähl-
ten Religion, der den Völkern des Alterthums fremd ist,
scheint daher auch schon frühe bei den Arabern geherrscht
zu haben. Wir finden bei Muhameds Auftreten Christen-
thum, Judenthum , die Lehre der Magier und Chaldäer
neben unzähligen Arten eines rohen Fetischdienstes unter
ihnen verbreitet. Grade diese Mischung zeigt aber, dass
keine dieser Religionsformen dem eigenthümlichen Geiste
der Araber völlig zusagte. Der Geist des Propheten-
thums war einem Volke von so gesteigertem Selbstge-
fühle natürlich; als er sich in Muhamed entzündete, als
seine flammende Phantasie sich zu dem Gedanken des
Einen, allbestimmenden Allah aufschwang, ein Lehrge-
bäude schuf, in Welchem der einseitige, scharfe und rohe
Verstand und das kühne, ungemessen strebende Gefühl
des ritterlichen Arabers gleicinnässig befriedigt waren,
kostete es nur wenige Kämpfe, um alle jene frühem
Glaubensformen zu verdrängen.