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Die
Araber.
erscheint der heissglühenden Phantasie matt und kalt.
Auch für eine polytheistische Religion sind sie nicht ge-
eignet, ihre Anschauungen fliegen über die vollen Natur-
kräfte, die sich zu einem Olymp von Götterbildern ge-
stalten könnten, hinaus zu dem höchsten Himmel des
Einen. Nur ein persischer Dualismus von Gut und Böse,
eig phöuicischer Baalscultus der alles zermalmenden Kraft
kann entstehen, wenn eine solche geistige Richtung ihre
höhere Bestimmung, unsinnliche Verehrung des Einen
Gottes, nicht erreicht.
In der alten Welt gestaltete sich auch diese Rich-
tung, wie alle andern, zu einer nationalen, und die reine
Lehre des Einen Gottes, indem sie das Eigenthum der
Juden wurde, stiess die andern Völker als Götzendiener
von sich ab. Von den Arabern erzählt diese alte Ge-
schichte noch nichts, ihre Zeit war noch nicht gekommen.
Wie die germanischen Völker so lange in Weltgeschicht-
licher Beziehung schlummerten, und nur in freier Verein-
zelung sich formlos bewegten, bis das Christenthum sie
vereinte und gestaltete, so war es auch das Schicksal
der Araber, unbemerkt und bedeutungslos in wilder Frei-
heit zu leben, bis zwar nicht das Christenthum, wohl
aber eine Lehre, welche theilweise aus demselben her-
vorgehend, einen Abglanz oder Abfall seiner Wahrheiten
enthielt, sie begeisterte und ins Leben rief.
Wenn wir bei den Alten die Schilderungen der Ara-
ber vor Muhamed aufsuchen, so finden wir schon ihren
Charakter, so wie er sich später bewährte, gezeichnet i).
Vereinzelt, freiheitsliebend bis zum Extrem, zu der ruhigen
Beschäftigung des Ackerbaues wenig geneigt, herum-
schweifend auf den leichten Bossen, den Kindern des
lib.
Marc.
Ammian.