316
Byzantiner,
Arnlenier,
Russen.
verwerfen, sie lassen sich nicht durch die Autorität by-
zantinischer Concilien bestimmen. Sie sind überhaupt der
Begeisterung fähig, ihr kräftiger Widerstand gegen die
Uebermacht der Araber und Türken verdient Anerkennung.
Aber freilich hat dieser Nationalsinn und Glaubensmuth
seine Gränzen, er vermag nicht die selbstische Vereinze-
lung ganz aufzuheben, innern Hader zu dämpfen. Das
tragische Schicksal der endlichen Niederlage und Zer-
streuung des Volks kann uns Mitleid einflössen, aber es war
kein unverschuldetes. Wären sie in dem Grade begeistert
und dadurch einig gewesen, wie die Griechen den Perser-
königen gegenüber, so hätten sie sich wie diese erhalten.
Winkelmann spricht in seinem grossen WVerke wie-
derholt aus, dass die Freiheit es sei, welche die Kunst
der Griechen so hoch gehoben; er meint, dass er aus ihrer
ganzen Geschichte erhelle Man hat ihm mit Recht ent-
gegengesetzt, dass die Freiheit denn doch nicht entscheide;
das römische Volk, die alten Germanen, das heutige Nord-
amerika sind sprechende Beweise, und die Schöpfungen
des Mittelalters, die Kunstwerke des sechszehnten Jahr-
hunderts sind meistens nicht in Republiken entstanden.
Allein ganz im Unrecht ist er auch nicht; die Regierungs-
form mag freilich nicht entscheiden, aber eine gewisse
Freiheit ist nothwendige Bedingung und Lebenskraft der
Kunst, die, welche dem Menschen das Gefühl seiner
Würde, seiner Kraft, seines göttlichen Ursprungs gestat-
tet, welche ihm die Kühnheit und Wahrheit giebt, seine
Gedanken aus eignem Busen hervorzuleiten, welche ihn
4') Winkelmanns WVerke Th. VI. S. 4. Er macht allerdings
(IV.S.18) einen Gegensatz zwischen den Griechen und nbeherrschteuß
Völkern und (lenkt (laher wirklich zunächst an republikanische Freiheit,
indessen schwebt ihm doch nur die Gestalt des griechischen Volks
in ihrer Individualität vor.