Byzantiner,
Armenier,
Russen.
sie giebt statt der Erklärung nur ein unerklärtes WVort.
Wir verlangen die innern, physischen oder moralischen
Gründe zu wissen, wir wollen auf den Boden der allge-
meinen menschlichen Natur zurückgeführt werden.
Die äusseren Umgebungen beider Völker, die An-
schauungen, welche sie gewährten, die lilaterialien, welche
sie lieferten, sind zwar höchst verschieden. Jene in wech-
selnden, kühngebildeten, fruchtbaren Thälern wohnend, von
einem Hauche frischer Gebirgsluft umweht, diese auf öden
Steppen, in der ermüdenden Einförmigkeit eines nordischen
Flachlandes, zwischen Wäldern und Morästen. Einiger
Einfluss ist diesen Umgebungen zuzuschreiben; allein ent-
scheidend sind sie nicht, wohnten doch die Byzantiner
selbst auf dem Boden der Hellenen. Bei diesen können wir
nun zwar die Verschiedenheit der Jahrhunderte aus dem
Wechsel der religiösen Ansichten herleiten; allein auch
die Religion allein giebt nicht eine durchgreifende Er-
klärung der künstlerischen Formen. Im Abendlande rief
das Christenthum ganz andere Erscheinungen hervor, wie
im Orient. Die blosse Ueberlieferung, das blosse Bejahen
der Frage im Glaubensbekenntnisse bestimmt noch nicht
die Religiosität. Es kommt auf die moralische Auffassung
an; auch diese aber war, ungeachtet der dogmatischen
Häresie der Armenier, bei allen drei Völkern ziemlich
dieselbe. Wir greifen schon tiefer, wenn wir auf den
Stammcharakter des Volks eingehen; bei den Arme-
niern fühlen wir einen Anklang des ernstern und ritterlichen
Geistes der persischen Stämme, bei den Slaven herrscht
eine gröbere Sinnlichkeit. Aber auch dies bildet keinen
letzten Grund; die Nationen können sich erheben oder er-
niedrigen, im Leben der Völker giebt es keinen unveräusser-
liehen Adel, ihr Werth, ihre Gestaltung ist veränderlich.