Eigenthümliclner
Styl.
305
Construction der achteckigen Glockenthürme und die ke-
gelförmigen Aufsätze, welche auf Mauern und 'l'l10ren
vorkommen, erinnern daran. Palastbauten haben auch
zuweilen Formen, die aus der italienischen Architektur
entlehnt
sind.
Endlich
am
Ende
des
Jahrhunderts
unter
Peter dem Grossexx
fand dann der verdorbene abend-
ländische Geschmack auch in Russland Eingang und ent-
wickelte neben den phantastischen Bauten der russischen
Vorzeit alle seine Fehler reichlichst. Seitdem folgt die
höhere Architektur in Russland den Schicksalen der Kunst
im Abendlande, während im Innern und an weniger be-
merkten Stellen die frühere Richtung noch fortwirkt.
Neuerlich ist durch einen kaiserlichen Befehl verordnet,
bei den Entwürfen russisch- griechischer Kirchen so viel
wie möglich den alten byzantinischen Styl beizubehalten ü).
Man hält gewöhnlich die Eigenthümlichkeiten der
russischen Architektur, so weit sie von dem byzantini-
schen Style abweichen, für orientalischen Ursprungs, von
den Mongolen eingeführt und durch Nachahmung hier
eingebürgert Ich habe schon bemerkt, dass an eine Ein-
führung des Styls durch die Mongolen wohl nicht gedacht
werden kann. Aber auch eine Nachahmung orientalischer
Formen kann man höchstens bei Einzelheiten und auch da
nur in sehr beschränktem Maasse zugeben. Nur der Kiel-
bogen, der doch nur ein mässiger Zierrath, nicht ein con-
structives Element ist, mag aus den persichen Gegenden,
WO er einheimisch, hierher gelangt sein. Kuppeln von
ähnlicher Form, wie bei den Russen, finden sich wohl in
muhamedanischen Bauten, allein im Ganzen ist bei diesen
die einfache, flache Kuppel ohne 'l'rommel vorherrschend,
t) Die von dem Prof. Konstantin Thon herausgegebenen Umrisse
sollen dabei zu Rathe gezogen werden. Milnch. Jahrb. a. a. O. S. 51.
III.