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Die
Kunst
in
Russland.
und Erfahrungen, vielleicht auch wegen der Schwierig-
keit ein so weit ausgedehntes, dünn bevölkcrtes Land
von einem Punkte aus zu regieren, begannen sehr bald
die russischen Fürsten das Land unter ihre Söhne zu
theilen, doch so dass die Einheit erhalten werden und
einer als Grossfürst vor den 'l'l1eilf'ürsten den Vorrang
haben sollte. Ein so unbestimmtes System konnte nur
Unheil stiften, und die russische Geschichte der nächsten
Jahrhunderte giebt nun das unerfreuliche Bild immer er-
neuerter Kämpfe, Welche das Land zerrütteten, die Fa-
milien zerstörten und zu groben Verbrechen verleiteten.
Selbst der Brudermord ist keine seltene Erscheinung in
den Annalen des Ilerrscherhauses, während bei dem Man-
gel einer kräftigen Regierung der Druck der Fürsten und
Mächtigen immer schwerer auf dem Volke lastete und
seinen Sinn immermehr lähmte. Dazu kam ein neuer Un-
fall.
Nicht
viel
mehr
als
Jahrhunderte
zwei
ÄVQYBII
seit
der Einführung deS Christenthums verllossen, ein überaus
kurzer Zeitraum, wenn es sich um die Durchbilciung eines
rohen Volks handelt, als 'l'schingis-Chan an der Spitze
der wildesten Schaaren aus Asien hervorbrach und über
Russland herliel. Seine Nachfolger unterwarfen die ver-
einzelten und uneinigeil Fürsten, indem sie ihnen zwar
die Herrschaft, aber "nur als mon golis ch es Lehen liessen.
Zweihundertfünfzig Jahre hindurch (1237-1480) stand
nun das unglückliche Land unter tartarischer Botmässig-
keit; seine Fürsten mussten um die Gunst des Gross-
Chans buhlen, von ihm Belehnung empfangen, seinem
Urtheil ihre vielfältigen Streitigkeiten, namentlich über
die Erbfolge unterwerfen, ihm Zins entrichten. Steuer-
empfängei- des Chans wohnten im Lande um die Kopf-
steuer zu erheben. Zwar blieb der christliche Gottesdienst