Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Altchristliche und muhamedanische Kunst (Bd. 3 = [2], Bd. 1)

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Die 
Kunst 
in 
Russland. 
Kirche, die schon in dem Mutterlande so sehr den Cha- 
rakter des Fertigen und Unbewegten hatte, war hier 
noch weniger fähig , die Gemüther anzuregen und zu 
eigener Entwickelung zu leiten. Geistliche und Mönche, 
besonders die des berühmten Höhlenklosters von Kiew, 
begründeten in einer eigenen slavischen, der griechischen 
nachgebildeten Schrift den Anfnng der Literatur, der 
Vater der russischen Geschichte, der Mönch Nestor, 
schrieb hier (1110) seine berühmte Chronik. Es gelang 
auch, das Volk in einer unterwürligen, abergläubischen 
Frömmigkeit zu erziehen, aber es war nicht möglich die 
ursprüngliche Rohheit zu vertilgeix. Der Gang der Ge- 
schichte trug dazu bei, dem slavischen Volke den Cha- 
rakter zu geben, welchen es noch jetzt zeigt. Die Ein- 
führung einer fertigen Civilisation ist einem rohen Volke 
niemals vortheilhaft, sie lähmt seine Kraft, entzieht ihm das 
Selbstvertrauen und theilt ihm mehr das Aeusserliche und 
Verderbliche, als das Fruchtbare und 'l'reibende mit. Hier 
kam die nationale Anlage hinzu. Der Charakter dieses 
Landes ist Einförmigkeit und Uebereinstimmung im rie- 
senhaftesten Maassstabe; man kann hunderte von Meilen 
in grader Richtung durchwandern , ohne dass sich die 
Beschaffenheit des Bodens "oder der Thier- und Pflanzen- 
welt merklich ändertii). Jene Mannigfaltigkeit der Si- 
tuationen, jene Anmuth der Formen , Welche in glückli-y 
chern Gegenden die Seele des Menschen sanft aus ihrem 
Schlummer weckt und ihr reiche Anregungen und Erfah- 
rungen gewährt, fehlte hier im höchsten Grade. Dazu 
kommt in den nördlichen Gegenden die Ungleichheit der 
Tage, das lange Dunkel des Winters, der ununterbrochene 
Lichteindruck des Sommers mit seiner Sonnengluth und 
usius, 
Reise 
wnpäischen Russland, 
1944.
	        
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