Sculptur
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Malergi.
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Die armenische Kunst giebt uns daher das Bild einer
unausgebildeten , unterdrückten Anlage. Olfenbar war
dies Volk nicht ohne Formensinn, es war empfänglich für
Regelmässigkeit und Zierlichkeit, erfinderisch genug um
sich ein eigenes System zu erschaffen; aber diese An-
lage war eine unvollkommene, sehwächliche, ängstliche.
Der Zusammenhang dieser Anlage mit der geistigen Rich-
tung des Volkes ist auch hier wohl sichtbar, wenn auch
weniger hervorleuchtend, wie in andern Fällen. Die Kunst
der Armenier hat zunächst schon eine Verwandtschaft mit
ihrem religiösen System; wie sie in diesem an einer ein-
seitigen Bestimmtheit festhielten, den Widerspruch scheu-
ten, vor dem Gedanken einer doppelten Natur in dem Er-
löser zurücksehreckten, so vermieden sie auch in ihrer
Architektur mit Aengstlichkeit die runde, kräftige Form,
die scheinbare Unregelmässigkeit, aus welcher sich eine
höhere Harmonie entwickeln konnte. Sie bildeten daher
alle Seiten möglichst gleich, sie wagten nicht über die
grade Linie hinauszugehn und erlaubten sich nur ein ober-
tiächliches Spiel der Zierlichkeit. Freilich waren die
Umstände höchst ungünstig. Dieser _Winkel der Erde
am Fusse des Kaukasus war dazu gemacht, alle Strahlen
fremdartiger Einwirkungen aufzufangen. Da besassen sie
denn wohl die Beharrlichkeit, in religiöser wie in künst-
lerischer Beziehung, von dem hergebrachten Systeme
nicht abzulassen, aber nicht die männliche Energie, es
mit Widerstandskraft Weiter durchzuführen, aus dem In-
nern zu 'l'age zu bringen. Da wo jenes System noch
nicht durchgeführt war, gaben sie doch dem Fremden
Raum. Die Grundformen ihrer Architektur sind durchaus
christlich, einfach, verständig, strenge, man möchte sa-
gen Weniger orientalisch wie die byzantinische Baukunst.
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