Die
Kathedrale
VOll
Ani.
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wie S. Ripsime in Vagharschabad, völlig die Gestalt eines
Rechtecks, ohne irgend einen Vorsprung, so dass wie
dort die Chornische und die beiden Eingänge der Süd-
und Nordseite durch zwei einwärts gehende Nischen
bezeichnet sind; auf der westlichen Faeade fehlen diese
Nischen. Bei dieser Aehniichkeit des äussern Grundris-
ses mit jener Kirche ist aber die Ornamentation reicher
und ganz der von Kutais ähnlich, indem alle vier Facadezl
durchweg mit Arcaden auf schlanken Halbsäulen verziert
sind. Noch mehr Wie-die Kirche von Kutais erinnert
diese an christliche Kirchen des Abendlandes, besonders
auf der Westseite, wo die einwärtsgehenden Nischen fehlen
und die niedrige Thüre mit einer nach innen zugehenden
Reihe von drei durch Rundbogen verbundenen Halbsäulen
ausgestattet ist "Ü. An den Portalen der Seitenfacadeil
r) Durch den Anblick des Innern wird man noch mehr an
abendländische Bauten erinnert. Die Kuppel ruht nämlich auf vier,
quadratisch gestellten Biindelpfeilern, die völlig wie in unsern Kir-
cheu des Mittelalters gegliedert sind, und aus wechselnden Lagen
schwarzer und gelber Steine bestehen, wie man ähnliches im 12. u. 13.
Jahrh. in Italien lindet. Sie sind auch durch Spitzbogen verbunden
und ihnen entsprechen an den Seitenwänden in Süden und Norden
Halbpfeiler derselben Form, zu deren Bildung die ausserhalb ange-
brachten einwärtsgehenden Nischen benutzt sind. Man würde das
Innere durchaus für das einer italienischen Kirche aus jener Zeit hal-
ten können, wenn nicht. die Bedeckung durchweg tonnenartig (nicht
im Kreuzgewölbe) ausgeführt wäre. Wegen dieser Uebereinstimmung
der bezeichneten Formen mit der abendländischen Architektur schrieb
Texier in seinem ersten Aufsatze (a. a. O.p.26) den Bau dem 13. oder
14. Jahrh. zu. In dem zweiten (p. 97) fügt er sich der Autorität
der Inschrift und deutet auf die Möglichkeit hin, dass diese Formen
von armenischen Baumeistern nach der allgemeinen Auswanderung
über Europa verbreitet seien. Eine Annahme, welche durchaus un-
haltbar ist, theils weil diese Formen im Abendlande mit constructiven
Riicksichten in Verbindung standen, welche dem armenischen Bau
fremd sind, theils weil gerade die Länder, wohin die ausgewanderten
Armenier gelangten, Polen, Galizien, Südrussland, diese Formen nicht