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Armenische
A rchitektur.
schon ziemlich genau angeben. Das Hauptheiligthuin des
Landes, noch heute der Sitz des armenischen Patriarchen,
ist das Kloster Etschmiadzin, unfern der alten Haupt-
stadt Vagharschabad schon von Gregor dem Erleuchter
(302) gestiftet und, in Beziehung auf eine Vision, mit
jenem Namen, Welcher die „Herabsteigung" bedeutet,
belegt Wir dürfen nun freilich nicht glauben, diesen
Bau aus dem 4. Jahrhundert noch jetzt zu besitzen, in-
dessen ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Fundamente
eines so heiligen Tempels im Wesentlichen beibehalten
sind im). Die Gestalt der Kirche scheint dies zu bestäti-
gen; sie ist fast ein Quadrat (50 russ. Ellen lang, 48
breit) mit polygonartiger Ausladung der Chornische und
eben solchen Vorhallen der drei Portale. Die Kuppel ruht
auf vier freistehenden Pfeilern Wir linden daher
hier noch den byzantinischen Grundgedanken des Quadrats,
aber schon mit armenischen Eigenthümlichkeiten behan-
delt. In der benachbarten Kirche der h. Ripsime (deren
Grundriss oben gegeben ist) zeigt sich dagegen das ar-
menische System völlig entwickelt; auf jeder ihrer vier
Seiten sind bereits die einwärtsgeheixden Nischen, und
ihre Beziehung auf die Stützen der Kuppel ist hier voll-
Ü Von 452 bis 1441 residirten die Patriarchen nicht hier, jedoch
erhielt sich das Kloster in seiner Würde.
Bare hat an den Mauern griechische Inschriften anscheinend
aus den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung entdeckt.
(Bitter X. 531.) Sie mögen Fragmente des ältern Baues, auf den
neuem übertragen, sein.
Die Kuppel selbst, welche mit Halbsäulen und kielförmig
geschweiften Bogen verziert ist, der vordere Vorbau des westlichen
Eingangs mit sehr abenteuerlichen, aber zierlich gearbeiteten Verzie-
rungen und die kleinen Glockenthiirmchen rühren aus dem I7. Jahrh.
her. Oh die terrassenförmige Bedachung sich an den ursprünglichen
Bau anschliesse, ist ungewiss. Dubois Atlas III. pl. 6.