Darstellungen
des
Leidens.
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frommen Gefühle wichtig ist, auch bildlich vergegenwär-
tigt. In der That hatte man diese Momente des Leidens
auch nur im byzantinischen Reiche so lange vermieden,
im Abendlande finden wir sie schon früher klargestellt?)
Es kam daher nur darauf an, dass ein Hinderniss, eine
Scheu, die bisher davon zurückgehalten hatte, fortfiel,
damit man dazu überging. Diese Scheu entsprang aber
offenbar aus einer heidnischen Auffassung der Kunst in
ihrer Beziehung zur Religion. Ich habe schon früher
bemerkt , wie jene erste symbolische Richtung noch
ein heidnisches Element enthält. Aber auch die zweite
Stufe der christlichen Kunst, auf Welcher man die heiligen
Gestalten nur wie triumphirend in der Herrlichkeit ihrer
mächtigen Erscheinung zu zeigen liebte, hatte eine heid-
nische Färbung; man wollte den Herrn nicht in verküm-
merter Schönheit, nicht im Leiden sehen. Durch die Sin-
nesweise, welche der Bilderstreit hervorrief, war die
Stellung der Kunst eine andere geworden; man wollte
nur Christus als Menschen, nicht als Gott darstellen, man
war mehr an die Natur, als gemeine Natur, gewiesen,
man durfte daher nicht fürchten, seine Gottheit im Leiden
zu kranken, sich nicht scheuen, etwas, das menschlichen
Augen sichtbar gewesen war, ihnen auch im Bilde vor-
zuführen.
Dazu kam denn wohl noch ein anderer Grund. Die
frommen Bilderfreunde hatten harte Zeiten erlebt, sie
waren verfolgt und gemartert worden, wie die ersten
Christen unter der Herrschaft der heidnischen Blürsten.
YVenn aber diese bei solchen Leiden sich bloss mit der
WVaagen, a. a. O. III. 202 IT.
im Abendlande werden im
4') S. über den Codex des Basil,
Frühere Dnrsiellungerx der Kreuzigung
vierten Buche anggeführt werden.