Der
Bilderstreit.
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welcher sich im orientalischen Reiche über die Zulässig-
keit kirchlicher Bilder erhob, der Bilderstreit.
Nachdem jener erste Widerstand der Kirchenvater
gegen die bildliche Darstellung der Heiligen überwunden
war und das schon erwähnte Concil vom Jahr 692 sie
sogar kirchlich sanctionirt hatte, trat plötzlich wieder eine
Rcaction ein. Es ist nicht zu bezweifeln, dass die Ver-
ehrung der Bilder sehr oft in eine abergläubische Anbe-
tung übergegangen sein mag, und dass dies im Morgen-
lande, bei einer wissenschaftlichen Ausbildung des Geistes
und einer abstract theologischen Richtung der Kirche mehr
aufiiel, als in den germanischen Reichen des Abendlandes.
Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass die Berührung
mit den Anhängern des Islam, von Welchen die Christen
mit dem ihnen selbst verhassten Namen der Götzendiener
belegt wurden, diese zu ernsteren Betrachtungen darüber
veranlasste, ob dieser Vorwurf ganz ungerecht sei. Leo
der Isaurier, ein Soldat, der sich aus dem niedrigsten
Stande auf den byzantinischen Thron hinaufgeschwungen
hatte, gebürtig aus einer Gegend, wo die Denkungsweise
der Muhamedaner leicht Einfluss haben konnte, begann
daher durch eine Verordnung (726) den Bilderdienst zu
beschränken. Sein Sohn und mehrere seiner mittelbaren
Nachfolger gingen noch weiter; die Verehrung der Bilder
wurde für gotteslästerlich und ketzerisch erklärt, und die
Anhänger dieser vom Throne herab begünstigten Meinung
zogen in bewaffneten Schaaren umher, um die Bilder in
und ausserhalb der Kirchen zu zertrümmern. Unter den
Geistlichen erhielt diese Ansicht vielfache Billigung,
während andre, besonders die Mönche, der Bilderstiirmerei
aufs Heftigste widersprachen. Mit ihnen war die Mehr-
zahl des Vülks den Bildern günstig, während im Heere